Chylomikronämie-Syndrom: Antisense-Medikament senkt Triglyzeride
Montreal – Die extrem hohen Triglyzeridwerte, zu denen es beim familiären Chylomikronämie-Syndrom kommt, können laut einem Bericht im New England Journal of Medicine (2014; 371: 2200-2206) durch ein sogenanntes Antisense-Molekül gesenkt werden. Es blockiert in den Zellen die Bildung eines wichtigen Regulators von Lipoproteinen, die Triglyzeride im Blut transportieren.
Patienten mit familiärem Chylomikronämie-Syndrom (Typ I Hyperlipidämie) haben extrem hohe Triglyzeridwerte von bis zu 30.000 mg/dl (normal bis 150 mg/dl). Ihr Serum nimmt eine milchig-rahmige Konsistenz und Farbe an. Die Patienten leiden unter kosmetisch störenden eruptiven Xanthomen und ihr Leben ist durch häufige Pankreatitiden gefährdet.
Die Ursache ist meistens ein Defekt im Gen für die Lipoprotein—Lipase (LPL), das normalerweise die triglyzeridreichen Lipoproteine abbaut. Die bisher einzige Therapie besteht in einer äußerst restriktiven Diät oder in regelmäßigen Injektionen des LPL-Gens (über eine Gentherapie mit einem Adenovirus) in einen Muskel, der dann zeitweise die Produktion von LPL übernimmt.
Eine neue Möglichkeit könnte jetzt ein Antisense-Molekül eröffnen, das die Firma Isis Pharmaceuticals aus Carlsbad in Kalifornien entwickelt hat. ISIS 304801 bindet an die Messenger-RNA des Gens ApoC3 und verhindert dadurch dessen Umsetzung in Apolipoprotein C-III. Dieses Protein ist ein zentraler Regulator im Triglyzeridstoffwechsel. Die Zusammenhänge sind kompliziert. Es war jedoch bekannt, dass Patienten mit einem genetischen Defekt im ApoC3-Gen extrem niedrige Triglyzeridwerte haben und selten Herz-Kreislauf-Erkrankungen entwickeln.
Das Antisense-Molekül ISIS 304801 ahmt diesen Gendefekt nach, was bei einem LPL-Mangel-Syndrom die Triglyzeride deutlich senken lässt, wie die Erfahrungen an den ersten drei Patienten, über die Daniel Gaudet von der Universität Montreal und Mitarbeiter berichten.
Alle drei litten unter einem familiären Chylomikronämie-Syndrom mit Triglyzeridwerten im Bereich von 1.406 bis 2.083 mg/dl. Unter der Therapie mit ISIS 304801 – wöchentliche subkutane Injektionen in einer Dosis von 300 mg über 13 Wochen – sanken die Triglyzerid-Werte bei allen Patienten auf unter 500 mg/dl. Ein gleichzeitiger Abfall von Apolipoprotein C-III im Blut zeigte an, dass die Wirkung tatsächlich über die Ausschaltung des ApoC3-Gens zustande kommt.
Schwere Komplikationen wurden bei der ersten Anwendung nicht beobachtet. Verlässliche Aussagen über die Sicherheit sind nach einer kurzzeitigen Behandlung von nur drei Patienten jedoch noch nicht möglich. Das familiäre Chylomikronämie-Syndrom ist extrem selten. Der Hersteller geht davon aus, dass es weltweit nicht mehr als 3.000 bis 5.000 Patienten gibt.
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