Medizin

COVID-19: Herz-Kreislauf-Kom­plikationen nicht nur auf Akutphase begrenzt

  • Freitag, 20. Januar 2023
/Crystal light, stock.adobe.com
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Hongkong – Die Menschen, die im ersten Jahr der Pandemie, als es noch keine Impfstoffe gab, an COVID-19 erkrankten, sind nicht nur an den direkten Folgen der Erkrankung gestorben. Es kam auch zu einem Anstieg von Herz-Kreislauf-Komplikationen, die teilweise tödlich endeten. Eine Studie zieht in Cardiovascular Research (2023; DOI: 10.1093/cvr/cvac195) Bilanz.

Die Gefahren von COVID-19 wurden vor allem bei der Diskussion um die notwendigen Gegenmaßnahmen häufig verharmlost. Viele Patienten so hieß es, wären auch ohne COVID-19 in den nächsten Wochen und Mo­naten gestorben.

Solche Einwände lassen sich am besten überprüfen, wenn die Patienten mit einer Kontrollgruppe verglichen werden. Sie sollte aus Personen bestehen, die nicht an COVID-19 erkrankt waren, ihnen aber in möglichst vielen anderen Eigenschaften gleichen.

Eine gute Quelle für eine solche Studie ist die UK Biobank, die zwischen 2006 und 2010 ausführliche Daten zu etwa einer halben Million Briten im Alter von 40 bis 67 Jahren gesammelt hat. Zwischen März und No­vember 2020 sind 7.584 Teilnehmer an COVID-19 erkrankt. Sie befanden sich mittlerweile im mittleren Alter von 66,1 Jahren, in denen die Erkrankung ohne eine effektive Therapie und ohne Impfschutz eine tödliche Gefahr war.

Ein Team um Ian Wong von der Universität Hongkong hat die COVID-19-Patienten mit zwei Kontrollgruppen verglichen. Dabei wurden jedem COVID-19-Patienten bis zu 10 Personen gegenübergestellt, die ihnen in Alter, Geschlecht, Rauchen, Diabetes, Bluthochdruck, Herz-Kreislauf- und anderen Krankheiten, Body-Mass-Index, ethnischer Zugehörigkeit und Deprivation glichen.

Die erste Vergleichsgruppe wurde aus dem Zeitraum der Pandemie gewählt, die zweite aus einem Zeitraum davor. Letzterer Vergleich sollte Verzerrungen vermeiden, die sich aus den Auswirkungen der Krise auf die medizinische Diagnose und Therapie ergeben haben könnten.

Beide Vergleiche ergaben, dass die gesundheitlichen Gefahren in der Akutphase der Erkrankung (erste 21 Tage) erheblich waren. Wong ermittelt ein 81,1-fach erhöhtes Sterberisiko im Vergleich zur Kontrollgruppe aus der Pandemie. Im Vergleich zur historischen Kontrollgruppe betrug die Hazard Ratio 67,5.

Das Hauptinteresse von Wong galt den kardiovaskulären Komplikationen. Tatsächlich waren die Hazard Ratios (HR) für etliche Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht. Die COVID-19-Patienten erlitten häufiger ein Herzversa­gen (HR 41,0), einen karzinogenen Schock (HR 28,5), eine tiefe Venenthrombose (HR 22,1) oder einen Schlag­anfall (HR 9,7), was auch in früheren Studien bereits beobachtet wurde.

Es kam aber auch häufiger zu Vorhofflattern (HR 8,8) oder -flimmern (HR 7,5), zur Diagnose einer koronaren Herzkrankheit (HR 5,0), zu einer instabilen Angina (HR 4,3), zu einem akuten Koronarsyndrom (HR 3,1), zum Herzinfarkt (HR 2,7) und zur Herzinsuffizienz (HR 4,9). Die kardiovaskuläre Mortalität war um den Faktor 18,6 erhöht (alle Zahlen im Vergleich zur Pandemie-Kontrollgruppe).

Ein erhöhtes Sterberisiko war auch in der Postakutphase, das heißt nach dem 21. Tag seit dem positiven PCR-Test, erhöht. Die Untersuchung erstreckt sich über einen Zeitraum von 18 Monaten. Auch in dieser Zeit blieb das Sterberisiko der Patienten um den Faktor 5,0 erhöht. Die Rate von schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen war, wenn auch nur leicht, um 40 % erhöht.

Die Hazard Ratio von 1,4 war mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 1,2 bis 1,8 statistisch signifikant. Bei den meisten Erkrankungen war kein Unterschied mehr zu den Kontrollgruppen feststellbar. Die Ausnahme bildete eine Perikarditis, die in der Postakutphase 4,6-fach häufiger war (wobei es sich allerdings um eine seltene Erkrankung handelt).

rme

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