COVID-19: Komplikation VITT tritt auch nach Impfung mit Sputnik V auf

Córdoba/Argentinien – Die Vakzin-induzierte immunthrombotische Thrombozytopenie (VITT), die zuerst nach Impfungen mit dem COVID-19-Impfstoff AZD1222 (Astrazeneca) beobachtet wurde, kann auch durch andere Vektor-basierte Impfstoffe ausgelöst werden. Der russische Impfstoff Sputnik V macht hier nach einem Bericht im New England Journal of Medicine (2022; DOI: 10.1056/NEJMc2210813) keine Ausnahme.
Die VITT wird vermutlich durch IgG-Antikörper gegen den Plättchenfaktor 4 (PF4) ausgelöst, der bei einer Aktivierung von Thrombozyten freigesetzt wird. Es handelt sich also um eine Autoimmunreaktion. Sie verursacht Thrombosen im arteriellen und venösen Kreislauf, die nicht selten tödlich enden. Der Zerfall der Thrombozyten führt außerdem zu einer Thrombozytopenie, dem zweiten Kennzeichen von VITT.
Was die Bildung der PF4-Antikörper veranlasst, ist nicht abschließend geklärt. Die derzeitigen Theorien gehen dahin, dass die Hülle der Adenoviren der Trigger ist. Dazu passt, dass die VITT ausschließlich nach der Gabe von Vektor-basierten Impfstoffen aufgetreten ist, die Adenoviren nutzen, um die Baupläne zur Bildung des Spike-Proteins in menschliche Zellen zu transportieren.
Neben AZD1222 war auch Ad26.COV2.S von Janssen/Johnson & Johnson betroffen. Zum chinesischen Impfstoff Ad5-nCoV von CanSino Biologics und Sputnik V des Moskauer Gamaleja-Institut für Epidemiologie und Mikrobiologie gab es bisher keine Meldungen - was allerdings nicht bedeutet, dass bei diesen Impfstoffen keine Gefahr einer VITT besteht.
Die beiden Impfstoffe werden vor allem in ärmeren Ländern eingesetzt, deren Gesundheitssystem möglicherweise nicht in der Lage ist, die Erkrankungen mit der Impfung zu verknüpfen. Es ist auch möglich, dass Verdachtsfälle nicht gemeldet werden.
Jetzt liegen die beiden ersten Verdachtsfälle zu Sputnik V vor. Bei dem Fall einer 24-jährigen Frau aus Argentinien sind sich Raquel Herrera‑Comoglio von der Universidad Nacional de Córdoba in Argentinien zusammen mit einer britischen Expertin sicher. Die Patientin hatte sich am 7. Tag nach Erhalt des Impfstoffs mit Bauchschmerzen in ärztliche Behandlung begeben. An den Tagen 8 und 9 kam es zu anhaltenden Kopfschmerzen, Erbrechen und Blutergüssen im Gesicht.
Eine VITT wurde erst 36 Stunden später vermutet, als die Patientin schwere fokale neurologische Symptome entwickelt hatte. Am Tag 11 wurde in der Computertomographie eine zerebrale Sinusvenenthrombose mit Einblutungen entdeckt. Die Thrombozytenzahl war auf 27.000/ml gefallen und der Thrombosemarker D-Dimer auf 2.000 ng/ml angestiegen. Die Patientin starb 3 Tage später.
Der Sputnik-V-Impfstoff wird laut Herrera‑Comoglio in 71 Ländern in Lateinamerika, Asien und Afrika eingesetzt. Die Möglichkeit einer VITT war bisher nicht Gegenstand von behördlichen Warnungen, und in den Medien gab es keine Meldungen.
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