COVID-19: Mit Lockdown und Homeschooling steigt die Zahl der kurzsichtigen Grundschüler

Hongkong – Während der Pandemie haben in der ehemaligen Kronkolonie, eine der am dichtesten bevölkerten Großstädte weltweit, Kinder im Grundschulalter mehr als doppelt so viel Zeit vor Bildschirmen verbracht als vorher. Eine Folge könnte einer Studie im British Journal of Ophthalmology (2021; DOI: 10.1136/ bjophthalmol-2021-319307) zufolge eine Zunahme der Myopien sein.
Schulschließungen und Lockdown haben die Kinder in Hongkong vermutlich stärker getroffen als in anderen Ländern. Ein Großteil der Bevölkerung lebt ohnehin räumlich beengt in kleinen Hochhauswohnungen, in deren Umgebung es nur wenige öffentliche Grünflächen und Spielplätze gibt. Der seltene Aufenthalt im Freien gilt neben dem hohen Leistungsdruck an den Schulen als wichtigste Ursache für die schnelle Zunahme der Myopie in asiatischen Gesellschaften, wobei Hongkong besonders betroffen ist.
Die Myopie entwickelt sich häufig im Grundschulalter, wenn die Kinder die Augen für längere Zeit auf kurze Distanzen fokussieren müssen. Dies stimuliert das Längenwachstum des Augapfels. Die Linse kann die verlängerte Brennweite schon bald nicht mehr ausgleichen und die Kinder benötigen eine Brille.
Die „Hong Kong Children Eye Study“ beobachtet die Entwicklung der Myopie seit einigen Jahren an Grundschülern im Alter von 6 bis 8 Jahren. Schon bald nach dem Beginn der Pandemie bemerkte das Team um Jason Yam von der Universität Hongkong, dass sich die Entwicklung der Myopie bei den Kindern beschleunigt hat.
Vor der Pandemie hatte die Zahl der kurzsichtigen Kinder pro Altersjahr um 13 % zugenommen. Allein in den ersten 8 Monaten der Pandemie hatte es eine Zunahme um 19,5 % gegeben. Die projizierte 1-Jahres-Inzidenz beträgt für die 6-, 7- und 8-jährigen Kinder 28 %, 27 % und 26 %. Vor COVID-19 hatte sie in den 3 Altersgruppen 17 %, 16 % und 15 % betragen. Wenn der derzeitige Trend anhält, würde sich die Zahl der kurzsichtigen Kinder in den nächsten Jahren mehr als verdoppeln.
Die Entwicklung dürfte auf den Lockdown und das Homeschooling zurückzuführen sein. Die Zeit, die die Kinder täglich im Freien verbrachten, hat sich von 1,27 Stunden auf 0,41 Stunden vermindert. Die Bildschirmzeiten stiegen von 2,45 auf 6,89 Stunden am Tag.
Da sich eine Myopie nicht zurückbildet, könnte es infolge der Pandemie langfristig zu einer Zunahme der Myopie in der Bevölkerung kommen. Yam gibt aber zu bedenken, dass die Entwicklung in Hongkong nicht 1 zu 1 auf andere Länder übertragen werden kann, da sich die Dauer des Lockdowns, die Richtlinien für die soziale Distanzierung sowie Quarantäne und Schulschließungen von Land zu Land unterscheiden.
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