Ärzteschaft

Das Triagemodell der Klinik Frankfurt-Höchst bringt deutliche Entlastung

  • Donnerstag, 27. September 2018
Notaufnahme im Klinikum in Frankfurt Höchst /dpa
Notaufnahme im Klinikum in Frankfurt Höchst /dpa

Frankfurt am Main – Das im Oktober letzten Jahres gestartete Modellprojekt der koordinierten Inanspruchnahme stationärer und ambulanter Notfallbehandlung am Klinikum Frankfurt-Höchst hat sich aus Sicht der hessischen Landespolitik bewährt. Vertreter von CDU, SPD, FDP und Die Linke lobten am Mittwochabend bei einer Diskussionsveranstaltung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KV) anlässlich der kommenden Landtagswahl im Land unisono die deutliche Entlastung der Notfallaufnahme der Klinik durch die Zusammenarbeit von Klinik und KV bei der Patienten-Triage.

Zahl der Patienten am Wochenende um ein Drittel zurückgegangen

Der Leiter der Zentralen Notaufnahme des Höchster Klinikums, Peter-Friedrich Petersen, berichtete, dass besonders an Wochenenden die Zahl der ambulanten Patienten in der Notfallaufnahme um ein Drittel zurückgegangen sei. Zu Fuß ins Krankenhaus kommende Patienten werden seit Oktober letzten Jahres an einem zentralen Tresen von besonders geschultem Personal triagiert und entweder in die Praxis des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes oder in die Notfallaufnahme weitergeleitet. Petersen: „Unsere Patienten werden durch dieses System alles in allem jetzt schneller gesehen und das Geschrei auf den Fluren wegen langer Wartezeiten hat aufgehört.“ Die Zahl der Fehlentscheidungen bei der Zuweisung zur richtigen Versorgungsebene sei mit etwa einem Prozent erheblich unter den anfänglichen Erwartungen einer etwa fünfprozentigen Fehlermarge geblieben.

Gefordert wurde, möglichst bald zu überlegen, ob das „Höchster Modell“ auf andere Kliniken, zumindest in städtisch geprägten Räumen, übertragen werden kann.

Triagetresen darf nicht zum Nadelöhr werden

Während die SPD-Politikerin Petra Scharf die Verstopfung von Notfallpraxen durch Bagatellerkrankungen auf ein „gestiegenes Gesundheitsbewusstsein“ in der Bevölkerung zurückführte und lobte, dass in Höchst nun die Ärzte entscheiden würden, wo der Patient besser aufgehoben sei, mahnte die Landtagsabgeordnete Marjana Schott (Die Linke) darauf zu achten, dass am Ende nicht der Triagetresen selbst zu einem Nadelöhr werde.

Der FDP-Landtagsabgeordnete Stefan Müller regte an, der Bereitschaftsdienstruf­nummer 116117 eine größere Bedeutung bei der Patientenlenkung außerhalb der üblichen Praxissprechzeiten einzuräumen. Sein CDU-Kollege Ralf-Norbert Bartelt appellierte an die KV, die Patientenversorgung außerhalb der Praxissprechzeiten auch im ländlichen Raum weiter zu optimieren, denn „die Notfallversorgung ist einer der Gründe, warum sich junge Ärzte nicht auf dem Land niederlassen wollen“.

An die Krankenkassen ging der Appell, besonders solchen Versicherten, die aus dem Ausland nach Deutschland kämen, das differenzierte Versorgungssystem hierzulande in geeigneter Form und in der jeweiligen Muttersprache zu erläutern. In vielen Ländern seien es die Menschen gewöhnt, medizinische Versorgung ausschließlich in Krankenhäusern nachzusuchen.

Eine bemerkenswerte Übereinstimmung unter den Parteienvertretern gab es bei dem Vorschlag der Linken-Vertreterin Schott, zur Förderung einer zielgenauen Inanspruch­nahme der Versorgungsebene über ein Bonus-Malus-System nachzudenken. Das hätten die Kassen zur Lenkung verschiedener Versorgungsziele bereits ausprobiert. Zwar lehnten die Mitdiskutanten eine Strafgebühr für die ungerechtfertigte Inanspruch­nahme einer Kliniknotfalleinrichtung ab, jedoch zeigten sich die Landespolitiker durchaus offen für ein Belohnungssystem. „Wenn mir ein Bonbon hingehalten wird, mache ich Männchen“, kommentierte Schott ihren Vorschlag. Allerdings, so die Reaktionen darauf, solle nicht der Gesetzgeber, sondern der Gemeinsame Bundes­ausschuss einen Vorschlag machen, ihm müsse ein entsprechender Arbeitsauftrag erteilt werden.

Schlechte Resonanz bei den Partner-Praxen

KV-Vorstandsvizechef Eckhard Starke übte deutliche Kritik an der bislang geringen Resonanz des Partnerpraxen-Systems. Im Umfeld von Kliniken mit Notfallversorgung hat die KV Hessen sogenannte Partnerpraxen im haus- und fachärztlichen Bereich gewinnen können, zu denen die Kliniken Patienten ohne dringenden Behandlungs­bedarf schicken können. Diese würden bisher kaum in Anspruch genommen. Das passe nicht zu der häufigen Klage überfüllter Notfallaufnahmen.

Auch Ärzte im Publikum, die selbst als Partnerpraxen fungieren, beschwerten sich darüber. Eine Wiesbadener Fachärztin sagte: „Bis heute habe ich keinen einzigen Patienten aus einer Wiesbadener Klinik gesehen.“ Sie wisse von einem Privatklinikkonzern in der Landeshauptstadt, der sich beharrlich weigere, Listen mit Partnerpraxen durch Klinikärzte weitergeben zu lassen.

litt

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