Ärzteschaft

Debatte um Schwangerschafts­abbruch soll Schwerpunkt auf Ärztetag in Leipzig werden

  • Freitag, 10. Mai 2024
/Parilov, stock.adobe.com
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Mainz – Eine emotionale und engagierte Debatte führte das Ärzteparlament heute zum Thema Schwangerschaftsabbruch. Vor dem Hintergrund der jüngsten Empfehlung der Expertenkommission der Bundesregierung, eine Liberalisierung des Abtrei­bungsrechtes vorzunehmen, wurden medizinethische Aspekte, aber vor allem auch eine immer noch bestehende Diskriminie­rung von betroffenen Frauen sowie Ärztinnen und Ärzten, die Abbrüche durchführen, diskutiert.

Da das Thema sehr bedeutsam und sehr komplex ist und daher intensiv vorbereitet und dargestellt werden sollte, verab­schiedete der 128. Ärztetag jedoch heute kaum Beschlüsse. Eine vertiefte Befassung mit dem Thema soll es beim 129. Deutschen Ärztetag im nächsten Jahr in Leipzig geben. Dann soll – wie im Antrag von Lydia Berendes, Abgeordnete der Ärztekammer Nordrhein vorgeschlagen – ein eigener Punkt „Liberalisierung des Abtreibungsrechtes" auf der Tagesordnung stehen.

Ob man das Thema „Schwangerschaftsabbruch“ trotzdem bereits in diesem Jahr in Ansätzen diskutiert werden sollte, war un­terschiedlich bewertet worden, nachdem Nadezda Jesswein für vollständige Vertagung des Themas plädiert hatte. Alexander Nowicki aus Niedersachsen folgte ihrer Argumentation: Entscheidungen zum jetzigen Zeitpunkt seien verfrüht, betonte er.

Man müsse sich jetzt damit befassen, meinte dagegen Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein. Sonst werde die Ärzteschaft nicht ernst genommen. „Wir haben zudem Bedarf an Austausch“, so Henke. Gerade mit Blick auf die bevorste­hende bundespolitische Debatte betonte auch Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), die Notwendigkeit, sich zu­mindest über das Thema auszutauschen.

Christine Schroth der Zweite, Ärztekammer Hamburg, bekräftigte, dass man bereits heute ein starkes Votum gegen Diskriminie­rung von betroffenen Frauen und gegen die Diskriminierung von Ärzten und Ärzten, die Schwangerschaftsabbrüche durchfüh­ren, aussprechen könne. „Wir brauchen ein solches starkes Votum gegen Kriminalisierung“, betonte auch der Präsident der Bayerischen Landesärztekammer, Gerald Quitterer.

Nach der Abstimmung zur zweiten Lesung wurde weiter über das Thema debattiert – aber über keine der vorliegenden Be­schlüsse abgestimmt. In den Redebeiträgen plädierten viele Rednerinnen und Redner dafür, den Paragraf 218 aus dem Straf­gesetzbuch zu streichen. Patientinnen, aber auch Ärztinnen und Ärzte dürften nicht weiter kriminalisiert werden, hieß es.

Christina Hillebrecht, Präsidentin der Kammer Bremen, warnte in der Debatte vor der Vorstellung, es gäbe zum Thema eine einheitliche Meinung. „Es gibt hier keine einheitliche ärztliche Position, wir sind viele Menschen mit ethischen Grundsätzen.“ Als Gremium müsse man sich aber dagegen wehren, dass Ärztinnen und Ärzte in ihrer Berufsausübung oder in ihrer Weiterbil­dung zu einem Abbruch gezwungen werden sollten. „Das muss weiterhin eine Gewissensentscheidung bleiben.“

„Dem Schutz des Lebens sind wir als Ärztinnen und Ärzte sind wir verpflichtet, aber die ärztliche Stimme muss abwägen“, er­klärte Susanne Johna, Vizepräsidentin der BÄK. Besonders die Beratung der Schwangeren müsse erhalten bleiben, da es oft­mals soziale Gründe für Abbrüche ist. BÄK-Vize-Präsidentin Ellen Lundershausen wies auf die Stellungnahme des BÄK-Vor­standes zu den Themen Fristenlösungen und der ärztlichen Berufsausübung hin.

Mehrheitlich verabschiedet wurde jedoch bereits auf dem diesjährigen Ärztetag die Forderung, dass die Kosten für verschrei­bungspflichtige Verhütungsmittel künftig unabhängig vom Alter der Versicherten von den Krankenkassen übernommen wer­den müssen. Dies stärke die primäre Prävention, so der 128. Deutsche Ärztetag. Der Ärztetagsbeschluss deckt sich mit der Einschätzung der von der Regierung eingesetzten Expertenkommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflan­zungsmedizin vom April.

bee/ER

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