Medizin

Decision-Support senkt unnötige Antibiotika­verordnungen

  • Dienstag, 15. Januar 2013

San Francisco – Zwei verschiedene „Decision-Support“-Strategien haben in einer rando­misierten Studie einige Ärzte und Patienten davon überzeugt, dass die Verordnung von Antibiotika bei einer akuten Bronchitis meistens unnötig ist. Die Auswirkungen hielten sich laut der Publikation in JAMA Internal Medicine (2013; doi:10.1001/­jamainternmed.­2013­.1589) jedoch in Grenzen.

Wenn der Editorialist Jeffrey Linder von der Harvard Medical School, Boston, richtig gezählt hat, dann haben in den letzten 40 Jahren mindestens 15 randomisierte Studien gezeigt, dass der Nutzen einer empirischen Antibiotikatherapie bei einer unkomplizierten akuten Bronchitis gering ist.

Die Verkürzung der Symptomdauer betrug im Durchschnitt einen halben Tag. Die Studien zeigen auch, dass Antibiotika nicht ohne Risiken sind: 5 bis 25 Prozent der Patienten erleiden eine Nebenwirkung und einer von 1.000 muss sogar in der Notfallambulanz behan­delt werden. Dennoch ist der Glaube an Antibiotika bei den Patienten fest verankert und viele niedergelassene Ärzte folgen dem Wunsch.

Es sind verschiedene Instrumente erforscht worden, um das Verordnungsverhalten zu verändern. Neben der Aufklärung von Arzt und Patienten, einer externen Prüfung der Verordnungen, verzögerten Rezepten (die die Patienten erst nach mehreren Tagen einlösen sollen) werden neuerdings auch die Möglichkeiten der Informationstechnologie erkundet.

In der Studie, über die Ralph Gonzales von der Universität von Kalifornien in San Francisco berichtet, wurde die Praxissoftware so programmiert, dass bei der Eingabe des Symptoms Husten schon am Empfang ein Hinweis auf dem Bildschirm aufpoppte: Er forderte die Arzthelferin auf, dem Patienten eine bereitliegende Broschüre auszu­händigen, die ihn vom Unsinn einer ungezielten Antibiotikatherapie überzeugen sollte.

Dies – und vielleicht auch die vorausgehende Fortbildung des Praxispersonals – hatten zur Folge, dass die Verordnung von Antibiotika an Patienten mit akuter Bronchitis von 74 auf 61 Prozent zurückging. Die konventionelle Methode über eine gedruckte Entschei­dungsunterstützung für das Praxispersonal erzielte ebenfalls eine gewisse Wirkung. Die Verordnungsrate ging von 80 auf 69 Prozent zurück, während es in den Arztpraxen einer Kontrollgruppe erwartungsgemäß zu keinen Veränderungen kam. Dort erhielten gleich viele Patienten Antibiotika verordnet wie zuvor.

In der statistischen Analyse haben beide Interventionen eine Wirkung gezeigt, doch für Linder bleibt es bei dem unbefriedigenden Ergebnis, dass mehr als der Hälfte aller Patienten unnötigerweise Antibiotika verordnet wurden. Linder zieht einen interessanten Vergleich zur Verordnung von ASS in der Sekundärprävention nach Herzinfarkt. Hier verzichten viele Ärzte und ihre Patienten auf ein Medikament, dass nachweislich die Prognose verbessert.

Der Unterschied liegt darin, dass Antibiotika als die schnelle Lösung für ein akutes Problem wahrgenommen werden, während die Einnahme von ASS den Patienten täglich an die unangenehme Tatsache erinnert, an einer lebenslangen Erkrankung zu leiden, die sich nicht durch die vorübergehende Einnahme einer Medizin beseitigen lässt.

rme

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