Delegation: praktische Lösungen anstelle von Ausreden anbieten
Berlin – Zurückhaltend, aber auch selbstkritisch haben mehrere Akteure in der vergangenen Woche ihre ersten Erfahrungen mit dem vor einem Jahr verabschiedeten GKV-Versorgungsstrukturgesetz beurteilt. Sie diskutierten auf Einladung der Landesvertretung Berlin/Brandenburg des Verbands der Ersatzkassen (vdek) in Berlin. Alle im System müssten sich ihrer Gesamtverantwortung bewusst sein und sie auch wahrnehmen, forderte der vdek-Verbandsvorsitzende Christian Zahn.
Wer von der Politik Lösungen verlange, solle vorher seinen eigenen Beitrag leisten, denn: „Schließlich sind wir von der gemeinsamen Selbstverwaltung diejenigen, die das Geschäft kennen.“ Zahn verlangte, ehrlicher als bisher über die Delegation ärztlicher Leistungen zu reden. Hier müsse man als gemeinsame Selbstverwaltung der Politik praktische Lösungen vorschlagen und sich nicht länger mit dem Verweis auf schwierige Haftungsfragen davor drücken.
Anders beurteilte diesen Punkt Uwe Kraffel, Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin. „In Berlin brauchen wir nicht derart intensiv über Delegation und Substitution zu sprechen“, meinte Kraffel. In der Hauptstadt gebe es noch genug Ärzte. Außerdem wünschten sich Patienten im Krankheitsfall eben eine ärztliche Betreuung. Dem widersprach Astrid Tributh, niedergelassene Allgemeinärztin in Potsdam und Vorstandsmitglied des Hausärzteverbands Brandenburg.
„Wenn ich meine Helferinnen nicht hätte, die die Patienten mitversorgen, ginge es gar nicht“, berichtete sie. Dies gelte umso mehr, als es mit der Versorgung durch ambulante Pflegedienste nicht immer gut klappe. Dass ihre Patienten lieber von ihr besucht werden, konnte Tributh nicht bestätigen: „Die alten Menschen sind unheimlich froh, wenn sie die Helferinnen sehen.“
Wenig Lob für das GKV-Versorgungsstrukturgesetz gab es von Anita Tack (Die Linke), Gesundheitsministerin in Brandenburg. Ihr gehen wie vielen Ländervertretern die Gestaltungsmöglichkeiten für die Regionen nicht weit genug. So bringe es wenig, nun kleinräumiger den Bedarf an Ärzten planen zu können, wenn gar keine zu bekommen seien, sagte Tack.
Sie ist aber zugleich der Auffassung, dass es keine Standardlösungen für die Länder geben könne: „Es gibt immer nur Einzellösungen.“ Gute Ideen habe man in Brandenburg gleichwohl. So lobte die Ministerin die Bereitschaftspraxen, von denen inzwischen mit Hilfe der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg zwei an Kliniken in Potsdam und Cottbus angesiedelt sind. Auch ein Patientenbus ist inzwischen in Brandenburg im Einsatz.
Heiko Thomas, gesundheitspolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, ist ebenfalls der Meinung, dass es am GKV-Versorgungsstrukturgesetz vieles zu kritisieren gibt. Er appellierte gleichwohl an alle, es auf Landesebene zu nutzen.
Zur Begründung verwies er auf seine Erfahrungen im Wahlkampf: Bürger seien regelmäßig frustriert, wenn man auf ihre Problemschilderungen immer nur antworte, dafür seien andere zuständig oder verantwortlich. Dies, so ließ Thomas durchblicken, ist bei Diskussionen übers Gesundheitswesen üblich. Das müsse man ändern, meinte der Grüne – beispielsweise, indem man prüft, was man mit Bundesgesetzen auf Landesebene verändern kann.
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