Details für Sicherstellungszuschläge stehen fest

Berlin – Die Mitglieder des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) haben heute Regeln beschlossen, mit denen Krankenkassen und Krankenhäuser künftig Sicherstellungszuschläge vereinbaren sollen. Damit wurden bundeseinheitlich die Voraussetzungen festgelegt, für die Krankenhäuser in strukturschwachen Regionen Zuschläge erhalten können. Dazu zählen die Kriterien, wann ein Krankenhaus als unverzichtbar gilt sowie wann ein struktureller geringer Versorgungsbedarf vorliegt.
Mit der Chirurgie sowie der Inneren Medizin wurden auch die zwei Abteilungen festgelegt, für die als Basisversorgung Zuschläge vereinbart werden können. Der Vorschlag der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), auch Geburtsstationen einzubeziehen, wurde von der Mehrheit abgelehnt. Die Landesbehörden, die für die Planung der Krankenhausbetten zuständig sind, können aber im Einzelfall von den Vorgaben abweichen.
Die Prüfung, ob die Voraussetzungen für Sicherstellungszuschläge vorliegen, wird ebenfalls in den Ländern liegen. Die Zuschläge wurden im Krankenhausstrukturgesetz festgeschrieben, damit in einigen Regionen das Versorgungsangebot der Kliniken aufrechterhalten werden kann, obwohl sie diese über das reguläre Entgeltsystem nach DRG-Systematik nicht mehr finanzieren könnten.
„Im Ergebnis wird die Vereinbarung von Sicherstellungszuschlägen bundesweit vergleichbarer, zudem bekommen die Vertragspartner eine stärkere Normenklarheit“, erklärte der unparteiische Vorsitzende des G-BA, Josef Hecken, in einer Mitteilung im Anschluss an die Sitzung. Er geht davon aus, dass von den bislang vier Krankenhäusern, die derzeit einen Sicherstellungszuschlag bekommen, künftig zwanzigmal so viele Häuser profitieren werden.
Nach Berechnungen des GKV-Spitzenverbandes können es rund 70 Kliniken in Deutschland sein. Vor Unkenrufen von Seiten der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) warnt er: „Durch diese Regelung erfolgt kein Eingriff in die Länderhoheit der Krankenhausplanung. Kein Krankenhaus muss vom Netz alleine deshalb, weil keine Sicherstellungszuschläge gewährt werden“, so Hecken weiter.
Kritik von der Krankenhausgesellschaft
Die DKG kritisiert den Beschluss heftig und sieht die politisch gewollten Sicherstellungszuschläge in der „faktischen Bedeutungslosigkeit.“ Die Vertretung der rund 2.000 Krankenhäuser in Deutschland hatte in der G-BA-Sitzung ein eigenes Konzept vorgelegt und war damit gegenüber dem Konzept des GKV-Spitzenverbandes unterlegen, da der unparteiische Vorsitzende Hecken und sein Stellvertreter Harald Deisler dagegen gestimmt hatten. Stellvertreterin Regina Klakow-Franck enthielt sich.
„Mit Ausnahme einiger weniger Inselkrankenhäuser dürften angesichts der mehrfachen Verknüpfung von Verhinderungsanforderungen Kliniken kaum Unterdeckungen aus dem Fallpauschalensystem mithilfe der Sicherstellungszuschläge ausgleichen können“, erklärte DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum im Anschluss in einer Mitteilung.
In der Plenumsdebatte hatte die DKG vor allem das Problem der Geburtsstationen adressiert. Die Gesellschaft befürchtet ein weiteres „Sterben der Stationen“ durch den Beschluss. Baum hatte in der Sitzung argumentiert, dass auch Geburtshilfeabteilungen in die Kriterien für einen Sicherstellungszuschlag fallen sollten. Dem Vernehmen nach hatte die DKG vorgeschlagen, auch Stationen zu schützen, die 25 Geburten pro Jahr haben. Allerdings werden 500 Geburten pro Jahr in der einschlägigen Richtlinie gefordert, um die Qualitätsstandards zu halten.
„Bei diesem Thema könnten wir den Status quo nicht erhalten. Besonders hier ist doch der Zusammenhang zwischen Qualität und Menge ganz besonders groß“, sagte Hecken in der Diskussion. Auch die Länder hätten sich bei dieser Frage klar positioniert. Die Vorschläge der DKG zum Erhalt der Geburtsstationen bezeichnete die Vorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Doris Pfeiffer, als „hochriskant“.
Für die DKG war es ebenso inakzeptabel, wie im Vorschlag des GKV-Spitzenverbandes der Begriff „Krankenhaus-Abteilung“ definiert wurde. Den Kassen – aber auch den niedergelassenen Ärzten, die aber in dieser Fragestellung nicht stimmberechtigt sind – ist der Nachweis für angestellte Fachärzte wichtig sowie Personalmindestvorgaben. Baum befürchtete eher, dass durch die Vorgaben eine neue Diskussion um Arbeitszeiten bei Ärzten aufkommt und damit größere finanzielle Probleme für die Kliniken. Daher sieht er die gefasste Definition als Kompetenzüberschreitung des G-BA an. „Der G-BA hat nicht die gesetzliche Kompetenz, solche grundlegenden Feststellungen für das gesamte deutsche Krankenhaussystem zu treffen“, so Baum. Er hoffe, das Bundesgesundheitsministerium schreite als Rechtsaufsicht hier ein, teilte er mit.
Im Gegensatz zur DKG zeigte sich der GKV-Spitzenverband im Anschluss an die Sitzung erfreut über den Zuschlag für sein Konzept. „Ich bin froh, dass wir mit dem heutigen Beschluss einen echten Meilenstein bei der dauerhaften Sicherstellung der wohnortnahen stationären Versorgung geschaffen haben“, erklärte Johann-Magnus von Stackelberg in einer Mitteilung im Anschluss. In der Abstimmung hatten sie sieben Stimmen erhalten, sechs stimmberechtigte Mitglieder hatten gegen das Konzept gestimmt, darunter auch die unparteiische Klakow-Franck. Hecken und Deisler waren in der Abstimmung für den Kassen-Vorschlag.
Diese Entscheidung war die einzige strittige Diskussion in der 96. Sitzung des G-BA. Außerdem entschieden die Mitglieder über das Pulsoxymetrie-Screening bei Neugeborenen, Anforderungen bei der Intensivpflege für die Kinderherzchirugie und beauftragten das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) mit Aktualisierungen im DMP Diabetes mellitus Typ 1 sowie im DMP Koronare Herzerkrankung.
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