Deutliche regionale Unterschiede bei der kardialen Mortalität

Berlin – Deutliche Unterschiede zwischen den Bundesländern bezüglich der kardialen Mortalität belegt der 26. Deutsche Herzbericht 2014, der sich auf die Daten von 2012 bezieht und den die Deutsche Herzstiftung heute gemeinsam mit den Fachgesellschaften für Kardiologie, Herzchirurgie und Kinderkardiologie vorstellte.
Bundesweit hat nach mehreren Jahren eines rückläufigen Trends die Sterblichkeit an akutem Herzinfarkt und koronarer Herzkrankheit in Deutschland erstmals wieder leicht zugenommen. Erhöht hat sich zudem leicht auch die Sterblichkeit an Herzinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen und Klappenerkrankungen. Dem Bericht zufolge kamen 2012 auf 100.000 Einwohner 65,2 Herzinfarkt-Tote. Im Jahr zuvor waren es 63,7. „Dieser leichte Anstiegt zeigt, dass Verbesserungen in der Effizienz des Notarztsystems weiterhin wichtig sind, ebenso wie eine kontinuierliche Bevölkerungsaufklärung“, erklärte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Herzstiftung, Thomas Meinertz.
Große regionale Unterschiede bei der Sterblichkeit
Der Kardiologe wies dabei insbesondere auf Defizite in den Versorgungsstrukturen einzelner Regionen und eine regional unterschiedlich hohe Sterblichkeit hin. Überdurchschnittlich hoch ist die Herzinfarkt-Sterblichkeit dem Herzbericht zufolge vor allem in Ostdeutschland. Dasselbe gilt für die Sterblichkeit bei koronarer Herzkrankheit (KHK), Herzrhythmusstörungen, Herzschwäche und Klappenerkrankung. Während beispielsweise die Herzinfarkt-Sterblichkeit in Schleswig-Holstein (46 pro 100.000 Einwohner), Hessen (54) und Berlin (56) am niedrigsten ist, ist sie in Brandenburg (105), Sachsen-Anhalt (103) und Sachsen (94) am höchsten.
„Die Unterschiede zeigen sich seit Jahren auch nach einer Bereinigung entsprechend der Altersstruktur und sind alles andere als trivial“, sagte Meinertz. So sei beispielsweise die stationäre Morbiditätsziffer bei der KHK in Sachsen-Anhalt etwa doppelt so hoch wie in Hamburg. Als mögliche Ursachen beschreibt der Bericht regionale Unterschiede in der Gesundheitsversorgung, eine geringere Arztdichte, ein geringeres Gesundheitsbewusstsein der Bevölkerung, einen höheren Anteil an Rauchern sowie einen niedrigeren sozioökonomischen Status.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen häufigste Todesursache
Insgesamt waren Herz-Kreislauf-Erkrankungen (ohne Schlaganfälle) 2013 für 354.493 Todesfälle verantwortlich. Damit sind sie mit einem Anteil von 66,1 Prozent nach wie vor die Todesursache Nummer 1 in Deutschland. Im Vergleich zu den vergangenen zwei Jahrzehnten sei die Sterblichkeit an Herzerkrankungen dennoch deutlich gesunken, erklärte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK), Christian Hamm. Als Faktoren führte er die flächendeckende Herzkatheter-Therapie und verbesserte Infrastruktur und Prozesse in Krankenhäusern an.
Indikation zur Herzkatheteruntersuchung in hohem Maß leitliniengerecht
Der vermehrte Einsatz von Herzkathetern für diagnostische oder therapeutische Zwecke wird auch im aktuellen Herzbericht sichtbar: Zwischen 2012 und 2013 stieg die Zahl der diagnostischen Linksherzkatheter-Untersuchungen bundesweit von 858.000 auf 885.000 an, die Zahl der Perkutanen Katheter Interventionen (PCI) von 337.000 auf 343.000. Eine Überversorgung in diesem Bereich lasse sich jedoch anhand der Qualitätsdaten nicht ableiten“, betonte der DGK-Präsident. Die vom AQUA Institut (Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH) erhobenen Daten zeigten, dass bezüglich der Indikation zur Herzkatheteruntersuchung in hohem Maß leitliniengerecht vorgegangen wurde.
Fortschritte in der Medizin führen zu höheren Fallzahlen
Dass die Fallzahlen aufweisen bei Herzinsuffizienz, Herzklappenerkrankungen sowie Herzrhythmusstörungen steigen, führt Hamm auf die Fortschritte der Herzmedizin zurück: „Immer mehr Menschen überleben einen akuten Herzinfarkt, erkranken später aber an einer Herzschwäche.“ Zum anderen sei der Trend Ausdruck der steigenden Lebenserwartung. Das Risiko für eine Herzinsuffizienz, eine Herzklappen- oder Herzrhythmuserkrankung steige mit dem Alter überproportional stark an.
Ein deutlicher Anstieg ist auch bei der Zahl der kathetergestützten Aortenklappeninterventionen (TAVI) zu verzeichnen. Eine therapeutische Option ist die TAVI seit 2008 vor allem für ältere Patienten mit schwerer Aortenstenose, die früher aufgrund ihres Alters oder ihrer Begleiterkrankungen als inoperabel galten. Mittlerweile werden in Deutschland nahezu ebenso viele Aortenklappen per Katheter implantiert wie offen operiert. Nach den Daten des gemeinsam von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie und der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie geführten Aortenklappenregisters gab es im Jahr 2013 10.426 minimalinvasive Aortenklappeneingriffe per Katheter und 11.555 Eingriffe am offenen Herzen.
Der DGTHG-Vorsitzende Jochen Cremer begrüßte in diesem Zusammenhang den Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) von vergangener Woche, wonach für minimalinvasive Herzklappeninterventionen qualitätssichernde Mindeststandards gelten sollen. Die 94 Krankenhäuser, die derzeit die TAVI oder das Clipverfahren an der Mitralklappe (transvenöse Clip-Rekonstruktion der Mitralklappe) durchführen, müssen künftig strukturelle, fachliche und personelle Anforderungen erfüllen, um diese Leistungen zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung anbieten zu dürfen.
Für die 17 Krankenhäuser mit kardiologischen Fachabteilungen, die derzeit in Deutschland die TAVI vornehmen, aber keine herzchirurgische Versorgung sicherstellen können, gelte eine Übergangsfrist bis 1. Juli 2016, erläuterte Cremer. In diesem Zeitraum könnten sie die Eingriffe weiterhin vornehmen, sofern die Versorgung durch Kooperationsvereinbarungen mit herzchirurgischen Abteilungen sichergestellt wird. „Mit der G-BA-Richtlinie wird ermöglich, dass die Empfehlungen internationaler medizinischer Leitlinien auch in Deutschland eine verbindliche Anwendung finden würden, betonte Cremer.
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