Politik

Deutschland rutscht unter Zielmarke für Entwicklungshilfe

  • Dienstag, 10. April 2018
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Berlin – Deutschlands Ausgaben für die Entwicklungshilfe haben im vergangenen Jahr die international angepeilte Quote verfehlt. Nachdem die Bundesrepublik das Ziel von 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts 2016 erreicht hatte, fiel das Land 2017 wieder darunter, wie die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gestern bekanntgab.

Deutschland hatte 2016 nach Jahrzehnten erstmals das Ziel erfüllt, das bereits 1970 von den Vereinten Nationen formuliert worden war. Hauptursache waren die Ausgaben für Flüchtlinge in Deutschland. Ohne Anrechnung der Kosten hätte die Quote bei lediglich 0,52 Prozent gelegen. Industriestaaten können bestimmte Ausgaben für die Versorgung von Flüchtlingen innerhalb der ersten zwölf Monate nach Ankunft als Entwicklungshilfe verbuchen.

Deutschland will Quote erfüllen

Die sogenannte ODA-Quote sei 2017 von 0,7 auf 0,66 Prozent gesunken, bestätigte das Entwicklungsministerium in Berlin. „Das Erreichen der Quote von 0,7 Prozent ist, wie auch im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD festgehalten, unser Ziel.“ Die deutschen Leistungen für Entwicklungszusammenarbeit ohne Flüchtlingskosten im Inland seien aber noch einmal leicht um 84 Millionen Euro auf rund 16,5 Milliarden Euro gestiegen.

ODA steht für „Official Development Assistance“. Die Quote beschreibt den Anteil der öffentlichen Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit am Bruttoinlandsprodukt. Im Rahmen der UN hatten sich Industrieländer wie Deutschland verpflichtet, 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Entwicklungszusammenarbeit aufzuwenden.

Insgesamt sanken die bereitgestellten Mittel für Entwicklungszusammenarbeit aller Geberländer wegen der geringeren Ausgaben für Flüchtlinge nach OECD-Berechnungen leicht um 0,6 Prozent auf 146,6 Milliarden Dollar. Gleichzeitig seien mehr Mittel in die Länder geflossen, die am dringendsten Hilfe benötigen. Bereinigt um Inflation und Währungsschwankungen seien die Nettoausgaben zur Entwicklungszusammenarbeit um 1,1 Prozent gestiegen – ohne die Ausgaben für Flüchtlinge in den Geberländern.

Die Grünen kritisierten die Entwicklung. „Damit leitet die Bundesregierung leider einen Sinkflug der ODA-Quote ein“, erklärten Uwe Kekeritz, stellvertretender Vorsitzender des Entwicklungsausschusses, und Anja Hajduk, Vize-Fraktionsvorsitzende. „Mit den im Koalitionsvertrag in Aussicht gestellten Finanzmitteln wird die ODA-Quote weiter absinken und im Jahr 2021 auf 0,5 Prozent fallen.“

Kritik von Hilfsorganisationen

Deutschland dürfe nicht hinter seinen Möglichkeiten zurückbleiben, teilte die Entwicklungshilfeorganisation One mit. „Länder wie Frankreich, Italien und Schweden haben ebenfalls sinkende Kosten für Geflüchtete im Inland zu verzeichnen“, betonte Deutschland-Direktor Stephan Exo-Kreischer. „Gleichzeitig verzeichnen sie starke Steigerungen bei der Entwicklungshilfe im zweistelligen Prozentbereich.“

Im Koalitionsvertrag hatten sich Union und SPD geeinigt, eine Milliarde mehr jeweils in Entwicklung und Verteidigung zu investieren. Zusätzliche Haushaltsmittel sollten zudem in den kommenden vier Jahren im Verhältnis eins zu eins in beide Ressorts fließen.

Die Hilfsorganisation Oxfam kritisierte, die im Koalitionsvertrag vereinbarten zusätzlichen Mittel für Entwicklungshilfe reichten bei Weitem nicht aus, um die ODA-Quote zu erreichen. Dafür müsste die jährliche Entwicklungshilfe um mindestens sechs Milliarden Euro steigen.

dpa

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