Politik

Diskussion über sektoren­übergreifende Versorgungs­einrichtungen

  • Montag, 25. März 2024
/picture alliance, Wavebreak Media
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Berlin – Bei den geplanten sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen – vormals Level-1i-Kranken­häuser genannt – muss klar sein, ob eine ärztliche und pflegerische Rund-um-die-Uhr-Versorgung vorgehal­ten werden soll oder nicht. Das betonte die 1. Vorsitzende des Marburger Bundes (MB) und Vizepräsidentin der Bundesärztekammer (BÄK), Susanne Johna, am vergangenen Freitag auf dem DRG-Forum in Berlin.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) will die Möglichkeit schaffen, kleine Krankenhäuser künftig in sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen umzuwandeln. Vorgesehen werden soll das mit dem Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG).

„Die Länder erhalten gesetzlich die Möglichkeit, sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen zu be­stimmen, deren Leistungsspektrum neben stationären auch erweiterte ambulante sowie medizinisch-pflege­rische Leistungen umfasst“, heißt es dazu in dem Entwurf.

Auf dem DRG-Forum diskutierten Experten darüber, wie diese Einrichtungen künftig ausgestaltet sein sollen.

„Wir müssen aufpassen, dass bei diesen Einrichtungen die Fixkosten nicht zu groß werden“, meinte der Ge­sundheitsökonom Andreas Schmid von der Oberender AG. „Wir dürfen nicht zu viel Krankenhaus in sie hinein­packen, dann kollabiert das System schon wieder. Ich gehe von einer Größe von 15 bis 20 Betten aus.“

„Wichtig ist, dass man eine solche Versorgungseinrichtung mit einer schwarzen Null führen kann“, sagte der Leiter des Kompetenzbereichs „Gesundheit“ am RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung, Boris Augurz­ky. „15 bis 30 Betten sind für diese Einrichtungen ausreichend.“

Aus Augurzkys Sicht handelt es sich bei den sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen um Kranken­häuser. „Das ist auch wichtig, damit diese Einrichtungen Fördermittel aus dem Transformationsfonds erhalten können“, sagte der Gesundheitsökonom.

Die Frage sei, betonte Johna, ob in den sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen eine ärztliche und pflegerische Rund-um-die-Uhr-Versorgung vorgehalten werden solle oder nicht. „Wenn sie vorgehalten wer­den soll, sind 15 bis 20 Betten zu wenig“, erklärte sie.

Es sei wichtig, dass die neuen Versorgungszentren die umliegenden Krankenhäuser entlasten könnten, indem sie Patienten aufnehmen, die nicht mehr im Krankenhaus versorgt werden müssen, aber noch nicht nach Hause können. „Für die Betreuung dieser Patientinnen und Patienten benötigen wir schon circa 15 Betten“, sagte Johna.

Zudem gab sie zu bedenken, dass in den sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen die Weiterbil­dung keine große Rolle spielen könne. „Wo eine ärztliche Weiterbildung stattfinden kann, richtet sich danach, welche Patienten in der jeweiligen Einrichtung versorgt werden. Wenn in den sektorenübergreifenden Versor­gungseinrichtungen keine Akutfälle versorgt werden, kann auch zwangsläufig nur ganz wenig Weiterbildung stattfinden.“

Johna fasste zusammen: „Wenn auf einer Einrichtung Krankenhaus draufsteht, muss eine ärztliche und pflege­rische Versorgung 24/7 vorgehalten werden. Wenn Krankenhaus draufsteht, muss es auch eine ärztliche Leitung geben.“

Deshalb bedürfe es für die neuen Einrichtungen klarer Definitionen. „Wenn der Fokus auf der medizinisch-pflegerischen Versorgung liegen soll, brauche ich den Begriff Krankenhaus nicht“, so Johna. „Krankenhaus darf nicht draufstehen, wenn Krankenhaus nicht gemeint ist.“

„Für mich persönlich sind Level-1i-Einrichtungen keine klassischen Krankenhäuser mehr“, sagte der gesund­heits­politische Sprecher der FDP-Fraktion, Andrew Ullmann. „Wir brauchen hierfür eine neue Begrifflichkeit. Die Frage ist ja auch: Sind die Länder dann noch für die Investitionsmittel verantwortlich? Das muss alles definiert werden.“

Es sei dringend überfällig, diese Einrichtungen zu gründen. Denn heute seien ein Drittel der stationären Fälle ambulant-sensitiv: Fälle also, die günstiger und besser ambulant durchgeführt werden könnten. „In jedem Fall ist es wichtig zu betonen, dass auch in diesen Einrichtungen eine gute medizinische Versorgung von Fach­kräften vorgenommen wird“, so Ullmann.

fos

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