Diskussion um Ruf nach Verbot von E-Scootern

Osnabrück – Wenige Wochen nach der Zulassung von E-Scootern in Deutschland hat sich der Vorstandschef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, für ein komplettes Verbot der Kleinfahrzeuge eingesetzt. „Nur das würde helfen, Verletzungen zu vermeiden“, sagte er der Neuen Osnabrücker Zeitung.
Überall dort, wo diese Fahrzeuge inzwischen herumfahren würden, gebe es deutlich mehr Verletzte. Das beginne bei komplexen Brüchen von Armen und Beinen und reiche bis zu Kopfverletzungen und Todesfällen. „Die schlimmsten Befürchtungen sind eingetreten“, sagte er. Aus unfallchirurgischer Sicht seien die E-Tretroller eine Katastrophe.
Die Gefahr gehe oft von den Fahrern aus, die blindlings Kreuzungen querten, zu zweit führen und sich rücksichtslos verhielten. „Aber das war absehbar. Aus ärztlicher Perspektive war es unverantwortlich, grünes Licht für E-Tretroller zu geben“, so der Mediziner.
E-Roller-Führerscheine oder der Einbau von Blinkern würden daran nichts ändern. „Es gibt auch keine Notwendigkeit für diese Gefährte. Sie gehören nicht auf die Straße und schon gar nicht auf den Gehweg“, sagte Gassen. Die Rettungsstellen seien schon voll genug.
Verbot ist Quatsch
Der Unfallforscher Siegfried Brockmann vom Gesamtverband der Versicherer (GdV) widersprach: „Ein Verbot der E-Tretroller so kurz nach der Einführung zu fordern ist Quatsch“, sagte er der Zeitung. Es sei von vornherein klar, dass es zu Unfällen kommen werde, wenn man dieses zusätzliche Verkehrsmittel auf Straßen zulasse.
„Wir stellen auch schwere Unfälle unter Beteiligung von Radfahrern fest – aber es würde niemand auf die Idee kommen, sie im Straßenverkehr zu verbieten“, sagte er. Wichtig sei, Fehlentwicklungen zu beseitigen – etwa durch „mehr polizeiliche Kontrolle“.
Wie das Klinikum St. Georg in Hamburg mitteilte, sind seit Einführung der E-Tretroller in Hamburg 35 Verletzte nach Unfällen mit diesen Fahrzeugen behandelt worden. Elf hätten operiert werden müssen.
„In den vergangenen beiden Monaten haben wir in unserer Klinik mehr Verletzte durch E-Scooter-Unfälle behandelt als Verletzungen durch Fahrradunfälle“, sagte Christian Kühne, Chefarzt des chirurgisch-traumatologischen Zentrums der Asklepios Klinik St. Georg. Bei den operationsbedürftigen Verletzungen seien Scooterfahrer oder Verletzte nach Scooterunfällen aktuell fünfmal stärker betroffen.
Der Klinikbetreiber geht davon aus, dass „der Zustrom an Verletzten anhalten wird“. Zumal damit zu rechnen sei, dass die Anzahl der E-Scooter zunehme. Mehrere Ärzte der Kliniken appellierten an alle Fahrer dieser Tretroller, unbedingt einen Helm zu tragen, auch wenn es in Deutschland keine Helmpflicht gebe.
Nach Angaben der Hamburger Polizei hat allein die Fahrradstaffel 17 Schwerpunktkontrollen durchgeführt (Stand August). Das Befahren des Gehwegs oder der Fußgängerzone sei dabei der häufigste Verstoß von E-Scooter-Fahrern gewesen. In weiteren Fällen sei das Rotlicht missachtet, die falsche Radwegseite genutzt oder ein Mitfahrer mitgenommen worden.
„Wir stellen immer wieder fest, dass die Nutzer sich im Vorwege offenbar nicht ausreichend über die im Zusammenhang mit E-Scootern geltenden Regeln auseinander gesetzt haben“, sagte ein Polizeisprecher. Jeder solle sich beispielsweise bewusst sein: Wer alkoholisiert auf einem E-Scooter erwischt werde, riskiere seinen Führerschein.
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