Doctolib drängt auf den Markt der Praxisverwaltungssoftware

Berlin – Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Arztpraxen ist unzufrieden mit dem eigenen Praxisverwaltungssystem (PVS). Das will das Unternehmen Doctolib, bisher vor allem als Terminvergabeplattform bekannt, für sich nutzen. Seit heute mischt es auf dem Markt mit und macht bestehenden Anbietern Konkurrenz.
Zunächst richtet sich Doctolib an Allgemeinmediziner, Kinderärzte und Gynäkologen. Im kommenden Jahr sollen dann alle weiteren humanmedizinischen Fachgruppen folgen. Ein genauer Zeitpunkt dafür wurde noch nicht genannt.
Versprochen wird ein System, das zentrale Praxisabläufe – Terminbuchung, Patientenaufnahme, Behandlungsdokumentation und Abrechnung – zusammenführt. Die Benutzeroberfläche sei „in enger Zusammenarbeit mit medizinischem Fachpersonal“ entstanden, hieß es.
Zum Einsatz kommen soll zudem Künstliche Intelligenz (KI) als Telefon-, Sprechstunden- und Abrechnungsassistenz. So soll der KI-Telefonassistent helfen, die Zahl unbeantworteter Anrufe zu reduzieren. Durch die KI-gestützte Sprechstundenassistenz soll es bei der Dokumentation eine Zeitersparnis geben. Doctolib spricht von 30 Sekunden statt zwei Minuten bei einer „herkömmlichen Dokumentation pro Konsultation“.
Man trage mit gezieltem KI-Einsatz dazu bei, „das System spürbar zu entlasten“, verspricht Nikolay Kolev, Geschäftsführerin von Doctolib Deutschland. Besonders der KI-Sprechstundenassistent entlaste ihn „enorm bei der Dokumentation“, sagte der Berliner Hausarzt Gilbert Büchner in einer Mitteilung des Unternehmens.
Die Versprechen sind groß, ob sie zutreffen, muss sich zeigen. Doctolib, das in Frankreich, Deutschland, Italien und den Niederlanden mehr als 3.000 Menschen beschäftigt, trifft aber auf zumindest teilweise unzufriedene Ärzte, wie eine Analyse des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) zur Nutzerzufriedenheit im Dezember des vergangenen Jahres ergeben hatte.
Demnach gibt es PVS-Systeme, bei denen die Wechselbereitschaft der Praxisinhaber groß ist. Das gilt zum Beispiel für den bisherigen Platzhirsch, die Compugroup Medical mit CGM Turbomed, aber auch KIND und „QMED.PRAXIS“. Rund 72 Prozent der Kunden dieser PVS-Systeme konnten sich im Dezember einen Wechsel vorstellen, bei KiWi waren es sogar 88,9 Prozent.
Es gibt aber auch PVS-Hersteller, bei denen es Doctolib schwer haben könnte. Vor allem von den PVS-Systemen „tomedo“, „T2med“ und „FIDUS“ (FIDUS Software Entwicklung) wollten sich die damals befragten Ärztinnen und Ärzte kaum trennen.
Die Politik hat zwar in den vergangenen Jahren versucht, einen Wechsel auf neue Systeme zu erleichtern, das Gesetz kam aber wegen des Ampelaus nicht mehr zustande. Zu Schwierigkeiten kann es etwa bei der Übertragung von Patientendaten von dem Alt- auf das Neusystem kommen. Viele Arztpraxen scheuen sich daher vor diesem Schritt, es gibt aber auch gute Erfahrungen.
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