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Dresden: Überwachung von Normalpatienten fast wie auf Intensivstation

  • Montag, 31. Oktober 2016
Uploaded: 31.10.2016 13:36:20 by maybaum
Messrunde am Krankenbett /Universitätsklinikum Carl Gustav Carus

Dresden – Mit einem innovativen Frühwarnsystem werden in der Chirurgie des Dresdner Universitätsklinikums Carl Gustav Carus die Vitalfunktionen von normalen Patienten ähn­lich wie auf der Intensiv­sta­ti­on überwacht. Nach Angaben der Einrichtung werden die ka­bel­losen Messgeräte, die Da­ten in patientenangepassten Zeitintervallen erfassen und aus­werten, erstmals regulär in einem deutschen Krankenhaus eingesetzt. Sie sollen zum Beispiel hel­fen, die Zahl von Herzstill­stän­den zu reduzieren.

Auf Normalstationen besteht nach Angaben der Dresdner Ärzte das Risiko, dass Ver­schlech­terungen nicht zeitnah erkannt werden. Studien zeigten, dass sich bei bis zu 20 Prozent der Patienten unerwartet lebensbedrohliche Ereignisse entwickeln könnten. Gut ein Drittel davon sei vermeidbar, da sich klinische Verschlechterungen bereits Stunden zuvor in Veränderungen bei den Vitalwerten ankündigten.

Der Klinik zufolge werden aber nicht alle Patienten mit dem neuen System überwacht. Auf den beiden Normalstationen stehen acht Messgeräte für 56 Betten zur Verfügung. Die Anzahl der Geräte sei bei der gegebenen Risikovertei­lung ausreichend, heißt es. Wer ein kabelloses Messgeräte, meist eine Oberarmmanschette, die die gewünschten Vitalwerte an einen Zentralmonitor sendet, erhält, entscheidet das System anhand einer Risikoeinstufung der Patienten.

Axel Heller, stellvertretender Direktor der Klinik für Anästhesio­logie, erläuterte auf Nach­frage des Deutschen Ärzteblattes, das System sortiere alle vorhandenen Patienten nach dem so genann­ten „MEWS- Punktwert“, also nach dem Grad ihres Risikos. Unterhalb von einem Sco­re von vier erfolgten zwölfstündliche Messungen beim Messrundgang, die Daten gelangten dann per WLAN ins System. Bei höheren MEWS-Werten würden kabel­lose Sensoren angebaut und später bei Normalisierung ausgetauscht. Eine Verschlech­terung des Patienten­zustands könne laut Klinikum so früh sichtbar identifiziert werden. Je nach Art der Auffällig­keit würden Ärzte automatisch alarmiert. Über das Klinikin­for­ma­tions­sys­tem können die Stationsärzte auch klinikweit auf die Da­ten zugreifen.

„Die Messungen erfolgen nicht konti­nu­ier­lich wie auf einer Intensivstation, sondern immer punktuell, aber die Messintervalle werden an den Patientenzustand – je nach Score­­wert – angepasst“, betonte Heller. Er verwies darauf, dass das System bereits in einer mul­ti­zentrischen Studie einge­setzt wur­de – mit klar verbessertem Über­leben der Patien­ten.

Dass Patienten die neue Form der elektronischen Überwachung ablehnen, ist dem Pro­fessor für Notfallmedizin zufolge zwar möglich, in der Praxis aber noch nicht vorge­kom­men. Für den Mediziner liegen die Vorteile für alle Beteiligten auf der Hand. So habe sich Dank der Technik zum Beispiel das händische dokumentieren durch die Pflege­kräfte er­le­digt, da die Daten, die Teil der Patientenakte sind, direkt über WLAN ins System einge­speist werden.

Verweigere ein Patient die elek­tro­nische Messung, müsste wieder per Hand geprüft wer­den. Dann müsse jedes Mal zu den dann engeren Messintervallen eine Pflegekraft mit dem Spotcheckmonitor kommen und messen, so Heller. Gerade in der Nacht müsste der Patient jedes Mal geweckt werden, das entfalle, wenn kabellose Sensoren an­ge­baut sei­en. „Der Patient hätte seine Ruhe“, argumentierte der Notfallmediziner.

Die Finanzierung des einjährigen Projekts läuft über eine Forschungsvereinbarung mit der Medizinischen Fakultät. Eine Arbeitsgruppe von Heller untersucht das Projekt und seine Auswirkungen auf Patien­ten und Mit­arbeiter.

dpa/may

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