Politik

Elektronische Gesundheitsakte der TK soll Mehrwert für Versicherte schaffen

  • Dienstag, 24. April 2018

Berlin – Die Techniker Krankenkasse (TK) hat heute mit TK-Safe ihre bundesweite elektronische Gesundheitsakte (eGA) in Berlin vorgestellt. TK-Versicherte erhalten dadurch die Möglichkeit, ihre Gesundheitsdaten eigenständig in einer digitalen Akte zu speichern und jederzeit per Smartphone-App auf ihr Profil zuzugreifen.

„TK-Safe ist jetzt auf einem Stand, dass man diese elektronische Gesundheitsakte gut nutzen kann“, sagte der TK-Vorstandsvorsitzende, Jens Baas. Derzeit ruft die Kranken­kasse ihre Versicherten dazu auf, sich für den erweiterten Anwendertest zu registrieren. Baas gab sich zuversichtlich, dass die Akte noch in diesem Jahr für alle Versicherten als kostenfreies Angebot freigeschaltet werden kann.

Die eGA ermöglicht es den Versicherten, alle der TK vorliegenden Daten in ihre Akte zu laden. Damit lassen sich beispielsweise Impfungen, verordnete Medikamente, Diagnosen von Arztbesuchen oder Röntgenbilder einsehen. Baas betonte, dass das reine Vorhalten von Daten keinen Mehrwert biete. „Wir müssen aus ihnen Informa­tionen machen, damit sie unseren Versicherten nutzen“, so der Kassenchef. Dabei seien zwei Dinge wichtig: Zum einen müsse es auf freiwilliger Basis geschehen, und zum anderen müsse der Patient selbst die Hoheit über seine eigenen Daten bekommen.

Allein der Versicherte soll bei TK-Safe entscheiden, welche Befunde er in seiner Akte ablegen möchte und wem er die Informationen zugänglich macht. „Wenn ein Patient möchte, dass ein Arzt Zugang zu den Daten erhält, muss er ihm explizit eine Freigabe erteilen“, sagte Baas. Häufig wisse Arzt B nicht, was Arzt A verordnet hat. Mit TK-Safe ließen sich beispielsweise Doppeluntersuchungen oder unerwünschte Wechsel­wirkungen bei der Einnahme von Arzneimitteln vermeiden. Von Beginn an stand bei der Entwicklung der Datenschutz im Mittelpunkt. „Wir haben die Daten so sicher gemacht, wie es nur geht“, so Baas weiter.

Hochsichere Infrastruktur von IBM

Technischer Kooperationspartner der Aktenlösung ist IBM Deutschland. Unter der TK-App liegt als Datenspeicher eine von IBM gemanagte Gesundheitsplattform mit einer Hochsicherheitsinfrastruktur. Die Datensicherheit sei das entscheidende Akzeptanz­kriterium des Versicherten, erklärte Matthias Hartmann, Vorsitzender der Geschäfts­führung.

Zur Sicherheitsinfrastruktur gehört eine Zwei-Faktor-Authentifizierung aus regis­triertem Smartphone und Passworteingabe, bevor der Versicherte in seine eGA gelangt. Alle Daten dort werden Ende-zu-Ende verschlüsselt und anonymisiert in dem sicher­heitszertifizierten IBM-Rechenzentrum in Frankfurt am Main gespeichert. Damit unterliegen sie dem europäischen und dem nationalen Datenschutzrecht.

Nur Nutzer kann entschlüsseln

Nur der Nutzer kann Hartmann zufolge die Daten entschlüsseln, weder IBM noch die TK können darauf zugreifen. Die eGA und TK-Safe lassen sich „als eine Art gesicherter Raum vorstellen, zu dem nur der Versicherte den Zugangsschlüssel besitzt“, erläuterte der IBM-Chef. Das bedeutet auch: Geht ein Handy verloren, und hatte der Besitzer das Recovery-Passwort darauf gespeichert, sind mit dem Schlüsselverlust seine Daten verloren. Der Nutzer allein entscheidet über die Verwendung und Löschung der Daten. Es werde auch daran gearbeitet, dass er seine Daten zu einem neuen Versicherungs­anbieter mitnehmen könne, erläuterte Hartmann.

„Wir als IBM profitieren nicht von diesen Daten. Wir haben kein datengetriebenes Geschäftsmodell“, hob Hartmann hervor. Zudem werde sichergestellt, dass es keine sogenannten Hintertüren in den Softwarelösungen des Unternehmens gebe, versicherte er. Als neutraler Anbieter wolle das Unternehmen die Lösungen auch anderen Marktteilneh­mern zur Verfügung stellen. Es gelte, Silos zu vermeiden, parallele Lösungen zu integrieren und einen Daten­aus­tausch im Sinne des mündigen Bürgers und des Gesundheitssystems zu ermöglichen.

„Die IBM-TK-Kooperation ist völlig unabhängig von der Telematik­infrastruktur (TI) der gematik, aber sie ist ergänzend“, so Hartmann. „Sobald die TI soweit ist, sind wir in der Lage, uns dort anzudocken und eine entsprechen­de Kompatibilität herzustellen.“ Dies soll über das geplante elektronische Patientenfach in der TI geschehen, das laut E-Health-Gesetz speziell für den Austausch der Patienten und der Leistungserbringer vorgesehen ist und von der gematik bis Ende des Jahres spezifiziert werden muss.

Über Sektorengrenzen hinweg

Damit Versicherte künftig auch Dokumente von Krankenhaus­aufenthalten in TK-Safe sammeln können, schließt die TK bereits Kooperationsverträge mit Kliniken. Einen großen Partner hat die Kasse mit dem Gesundheitskonzern Agaplesion gewonnen. Dessen Vorstandsvorsitzen­der, Markus Horneber, betonte: „Es wird endlich Zeit, einen standardisierten Weg zu finden, auf dem die Behandlungsergeb­nisse den Patienten zugänglich gemacht werden. Das ist entscheidend für den Erfolg der Weiterbehandlung und bietet einen echten Mehrwert für den Patienten.“ Zum Start der eGA sollen die 16 Kliniken des Konzerns an TK-Safe angeschlossen sein. Laut TK haben zudem weitere Krankenhausbetreiber ihr Interesse daran signalisiert.

Damit könnten Dokumente, wie etwa der Entlassungsbericht, künftig in der Gesundheitsakte abgelegt werden. Das würde dazu beitragen, die anschließende Versorgung des Patienten in der ambulanten Versorgung zu erleichtern und Verwaltungsaufwand abzubauen.

Umfrage zeigt große Zustimmung

Laut einer von der TK in Auftrag gegebenen Untersuchung findet die Idee einer eGA auch in der Bevölkerung große Zustimmung. Drei von vier Befragten halten demnach eine elektronische Plattform für Gesundheitsinformationen für eine sinnvolle Anwendung. Auf die Frage, welche Daten in der eGA erfasst werden sollen, sprachen sich die Befürworter zu 96 Prozent für Allergien aus. 94 Prozent der Befragten gaben Arzneimittel an.

Notfalldaten und -kontakte möchten 93 Prozent in ihrer Akte haben. 92 Prozent sind dafür, den Impfstatus mit aufzunehmen und 90 Prozent wollen Befunde, Röntgenbilder und allgemeine Gesundheitswerte in die Akte hochladen. Vier von fünf Befragten gaben zudem an, die Entscheidung zur Organspende in der eGA speichern zu wollen.

Einheitliche Standards angemahnt

Vor dem Hintergrund verschiedener Lösungen für elektronische Aktensysteme haben Patientenschützer und die Verbraucherzentralen einheitliche Standards bei neuen digitalen Anwendungen mit Gesundheitsdaten gefordert. Insellösungen und Parallelwelten seien nicht zielführend.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz betonte, nur der Staat könne höchste Sicherheitsstandards garantieren. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) solle daher ein Bundesamt für die Digitalisierung im Gesundheitswesen schaffen, so Vorstand Eugen Brysch. Ein Wildwuchs unterschiedlicher Anbieter werde diesem Anspruch nicht gerecht.

Die Bundesregierung will die Digitalisierung des Gesundheitswesens in dieser Legislaturperiode vorantreiben. Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD vereinbart, dass jeder gesetzlich Versicherte bis Ende 2021 über eine elektronische Patientenakte verfügen können soll.

KBr/neb/dpa

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