Empfehlungen zum Gentest vor Krebstherapie mit 5-Fluorouracil

Berlin – Krebspatienten sollen vor einer systemischen Therapie mit fluoropyrimidinhaltigen Zytostatika genetisch auf einen Dihydropyrimidin-Dehydrogenase (DPD)-Mangel getestet werden, da dieser die Gefahr von Unverträglichkeiten erhöht.
Bei einer virtuellen Pressekonferenz stellte die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) heute Vorschläge vor, wie die Empfehlung der Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) umgesetzt werden kann.
Fluoropyrimidinhaltige Arzneimittel wie 5-Fluorouracil (5-FU) gehören zu den am häufigsten eingesetzten Zytostatika in der systemischen Tumortherapie. Weiterentwicklungen von 5-FU sind die beiden auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz zugelassenen oralen Prodrugs Capecitabin und Tegafur.
Sowohl 5-FU als auch Capecitabin und Tegafur werden von relativ vielen Patienten gut vertragen. Aber bei einigen Patienten mit einem Mangel des Enzyms DPD reichert sich Fluorouracil im Blut an und führt zu schweren, zum Teil lebensbedrohlichen Nebenwirkungen.
Dem DPD-Mangel zugrunde liegen Varianten im Dihydropyrimidin-Dehydrogenase-Gen (DPYD). „Diese sind selten, bei den Trägern aber mit einem signifikanten Risiko für schwere Nebenwirkungen assoziiert“, sagte Lorenz Trümper, Geschäftsführender Vorsitzender der DGHO und Direktor der Klinik für Hämatologie und Medizinische Onkologie der Universitätsmedizin Göttingen.
Etwa 30 Prozent der schweren Toxizitätsreaktionen (WHO Grad 3 bis 4), insbesondere Diarrhoe, Mukositis, Hand-Fuß-Syndrom, Myelosuppression mit tiefer und langdauernder Neutropenie sowie Neurotoxizität, sind durch DPD-Mangel erklärbar.
Die Letalität liegt bei 0,2 bis einem Prozent. Weitere häufige Nebenwirkungen sind Anorexie/Übelkeit/Erbrechen, Kardiotoxizität mit Ischämie- oder Kardiomyopathie-typischen EKG-Veränderungen, Alopezie, Hyperurikämie und Erhöhung von Leberwerten.
Die Empfehlung der EMA, Patienten vor einer systemischen Therapie mit 5-FU, Capecitabin oder Tegafur einem Gentest zu unterziehen, beruht auf der Tatsache, dass bis zu neun Prozent der Patienten europäischer Herkunft eine DPYD-Genvariante tragen, die zu einer verminderten Aktivität führt; ca. 0,5 Prozent weisen einen vollständigen Mangel auf.
Vorgehen bei einer geplanten Therapie mit fluoropyrimidinhaltigen Arzneimitteln
Die Empfehlung ist bereits Bestandteil der Fachinformationen der betroffenen Arzneimittel. Zur Umsetzung heißt es in dem heute vorgestellten Positionspapier, das die DGHO zusammen mit anderen Fachgesellschaften erarbeitet hat:
Patienten sollen vor einer Therapie mit fluoropyrimidinhaltigen Zytostatika auf die vier häufigsten, genetischen DPYD-Varianten getestet werden.
Das Ergebnis der genetischen Analyse ist Basis eines differenzierten, risikoadaptierten Algorithmus mit Empfehlungen zur Therapie mit fluoropyrimidinhaltigen Arzneimitteln, der im Positionspapier enthalten ist. Die genetische Analyse kann durch therapeutisches Drug Monitoring ergänzt werden.
Die Umsetzung der Therapieempfehlungen muss unter Berücksichtigung der individuellen Erkrankungssituation und der möglicherweise vorhandenen Therapiealternativen erfolgen.
Die Testung muss qualitätsgesichert durchgeführt werden. Das Ergebnis soll innerhalb einer Woche vorliegen. Das Ergebnis der Testung ist prädiktiv für die Durchführung der geplanten Chemotherapie und damit obligater Bestandteil der personalisierten Therapieplanung.
„Die Empfehlungen zur personalisierten Dosierung fluoropyrimidinhaltiger Arzneimittel können bei einer kleinen Gruppe von Patienten das Risiko schwerer und lebensbedrohlicher Nebenwirkungen unter einer fluoropyrimidinhaltigen Therapie reduzieren und in die leitliniengerechte Versorgung der betroffenen Patienten integriert werden, ohne den Behandlungsverlauf zu verzögern“, sagte Bernhard Wörmann, Medizinischer Leiter der DGHO.
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