Medizin

Epilepsie: Hohes Suizid- und Sterberisiko

  • Montag, 22. Juli 2013
Uploaded: 22.07.2013 18:50:18 by mis
dpa

Oxford – Viele Menschen mit Epilepsie sterben frühzeitig eines nicht natürlichen Todes. Suizide gehörten in einer Fall-Kontrollstudie im Lancet (2013; doi: 10.1016/S0140-6736(13)60899-5) zu den auffällig häufigen Todesursachen, vor allem bei Patienten mit einer bekannten psychischen Morbidität.

Es war bekannt, dass viele Menschen mit Epilepsie unter mentalen Störungen leiden. Das Ausmaß der Gefährdung wurde jedoch möglicherweise unterschätzt, wie die Untersuchung von Seena Fazel, Universität Oxford, und Mitarbeitern zeigt. Der forensische Psychiater konnte mit Kollegen des Karolinska Instituts in Stockholm die Daten von 69.995 Schweden mit Epilepsie der Jahrgänge 1954 bis 2009 auswerten.

Bis zum 55. Lebensjahr waren 6.155 Patienten oder 8,8 Prozent gestorben. Die Mortalität war gegenüber einer bevölkerungsbasierten Kontrollgruppe um den Faktor 11,1 erhöht. Der Vergleich mit einer Kontrollgruppe aus den nicht an Epilepsie erkrankten Geschwistern ermittelt eine fast identische Steigerung (Odds Ratio 1,4), was eine genetische Ursache der hohen psychiatrischen Mortalität ausschließt.

Bei den Epilepsie-Patienten hatte jeder sechste Todesfall (15,8 Prozent) eine nicht natürliche Ursache. Darunter waren nur wenige Verkehrsunfälle, die Folge eines Krampfanfalls am Steuer sein können. Das Risiko von tödlichen Autounfällen war zwar um 90 Prozent erhöht (wobei offen bleibt, ob sie tatsächlich Folge des Anfallsleidens waren oder absichtlich herbeigeführt wurden). Für einen mentalen Hintergrund vieler Unfalltodesfälle spricht, dass 75 Prozent der tödlich Verunglückten wegen einer psychiatrischen Erkrankung in Behandlung waren.

Suizide wurden auf den Sterbeurkunden insgesamt 3,7 Mal häufiger als Todesursache angegeben als in der Allgemeinbevölkerung. War eine psychiatrische Erkrankung (zumeist eine Depression) bekannt, stieg das Sterberisiko durch äußere Einwirkung um den Faktor 13,0 und im Fall einer bekannten Substanzabhängigkeit sogar um den Faktor 22,4.

Aufgrund der hohen Neigung zum Suizid, deren Ursache letztlich im Dunkeln bleibt, sollten Patienten mit Epilepsie nicht allein von Neurologen, sondern auch von Psychia­tern betreut werden, fordert Mitautor Charles Newton von der Universität Oxford.

rme

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