Medizin

Epstein-Barr-Virus erhöht MS-Risiko in allen Ethnien

  • Dienstag, 5. September 2017
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Pasadena/Kalifornien – Infektionen mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV) begünstigen unabhängig vom ethnischen Hintergrund die Entwicklung einer Multiplen Sklerose. Eine aktuelle Fall-Kontroll-Studie in Neurology (2017; doi: 10.1212/WNL.0000000000004412) bestätigt die Hypothese, dass der Erreger des Pfeifferschen Drüsenfiebers (Mononukleose) ein Risikofaktor für die Autoimmun­erkrankung ist. Eine negative Assoziation mit Antikörpern des Zytomegalievirus unterstützt die Annahme einer Hygiene-Hypothese.

Das Epstein-Barr-Virus (EBV) wird seit Langem als möglicher Auslöser einer Multiplen Sklerose (MS) diskutiert. Die Evidenz gründet sich auf eine Reihe von epidemio­logi­schen Studien, nach denen Menschen ohne EBV-Antikörper fast niemals an einer MS erkranken. Nach einer Infektion steigt das Risiko dagegen an, und zwar umso mehr, je später in Kindheit oder Jugend die Infektion erworben wird.

Während EBV-Infektionen im frühen Kindheitsalter in der Regel asymptomatisch ver­lau­fen, kommt es im Teenageralter häufig zum Pfeifferschen Drüsenfieber (Mono­nukleose), das wegen des vermuteten Übertragungswegs salopp auch als „kissing disease" bezeichnet wird. Annette Langer-Gould vom Forschungszentrum des Krankenversicherers Kaiser Permanente in Pasadena hat hierzu jetzt die Krankenakten der Mitglieder ausgewertet.

Sie konnte die Assoziation, die frühere Studien vor allem bei Menschen europäischer Herkunft untersucht hatten, in allen ethnischen Gruppen der kalifornischen Bevölke­rung bestätigen. So waren 12 von 111 Afroamerikanern vor ihrer Diagnose (MS oder klinisch isoliertes Syndrom) wegen einer „Mono“ behandelt worden gegenüber vier von 128 Personen einer Kontrollgruppe, die nicht an MS erkrankt waren, sonst aber in vielen Eigenschaften mit den MS-Patienten übereinstimmten. Bei den Menschen lateinamerikanischer Herkunft hatten 13 von 173 MS-Patienten, aber nur drei von 187 Personen in der Kontrollgruppe. Unter den Versicherten europäischer Herkunft waren 48 von 235 MS-Patienten zuvor am Pfeifferschen Drüsenfieber erkrankt gegenüber 30 von 256 Menschen ohne MS.

Für alle drei Gruppen ermittelte Langer-Gould signifikante Odds Ratios, die für Afro­amerikaner (4,43) und „Hispanics“ (3,66) sogar noch deutlicher ausfielen als für die „Europäer“ (2,24).

Eine Exposition mit dem Cytomegalievirus (CMV) war dagegen mit einem niedrigeren Risiko auf eine MS verbunden, das allerdings nur bei den „Hispanics“ statistisch signifikant war. Die vermeintliche Schutzwirkung bringen Epidemiologen mit der Hygiene-Hypothese in Verbindung. Danach bedingt der frühe Kontakt mit Krankheits­erregern – CMV gilt hier als Marker – eine erhöhte Toleranz und verhindert, dass der spätere Kontakt mit EBV oder anderen Triggern zu einer Überreaktion des Immun­systems führt, die sich dann gegen die Nervenzellen des Zentralnervensystems richtet.

rme

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