Politik

Erhebliche Zweifel an IHE-Konformität der Patientenakte

  • Dienstag, 12. März 2019
/magele-picture, stockadobecom
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Berlin – Die Spezifikation der elektronischen Patientenakte (ePA), die die gematik – Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte kurz vor Jahresende 2018 vorgelegt hat, ist im Hinblick auf die geforderte Interoperabilität ungenügend. Diese Bewertung haben Experten von IHE Deutschland jetzt in einer öffentlichen Stellung­nahme abgegeben. Die gematik wollte sich heute auf Nachfrage des Deutschen Ärzte­blattes nicht zu den Vorwürfen äußern.

Nach Angaben der gematik beruht das Konzept der ePA nach § 291a Sozialgesetzbuch V auf Integrationsprofilen beziehungsweise Spezifikationen der internationalen Organisa­tion „Integration the Healthcare Enterprise“ (IHE). Die IHE-Experten hingegen konstatie­ren eine proprietäre Verwendung der IHE-Vorgaben.

„Weder die ePA-Spezifikationen noch die Vorgehensweise bei deren Erstellung kann aus aktueller Sicht als IHE-konform bezeichnet werden“, heißt es in der öffentlichen Stellung­nahme vom 7. März. Interoperabilität im Sinne der IHE sei nur unter konse­quenter Ein­haltung aller Vorgaben der IHE möglich.

Die IHE-Organisation steht für einen internationalen hersteller- und anwenderübergrei­fen­den Konsens zum Thema „Interoperabilität“. Sie sorgt auf internationaler und natio­naler Ebene für transparente und nachvollziehbare Abstimmungsprozesse, die zu Inter­operabilität unter den Anwendungen führen sollen und deren Ergebnisse allen inter­essier­ten Parteien offenstehen.

IHE-Vorgaben, etwa hinsichtlich Skalierbarkeit und Datenschutz, werden auch bei nationalen Patientenaktenprojekten in Österreich (ELGA), in der Schweiz (Elektronisches Patientendossier) und in Frankreich (Dossier Medicale Personnel) genutzt. Auch die Europäische Kommission setzt beim medizinischen Datenaustausch zwischen Mitglied­staaten auf IHE.

In der Stellungnahme werden einige der wichtigsten Kritikpunkte und Verstöße gegen die Vorgaben der IHE-Profile näher erläutert. So gibt es nach Meinung der IHE-Experten unter anderem keinen etablierten öffentlichen Abstimmungsprozess. Zudem würden die Abhängigkeiten zwischen den Integrationsprofilen ignoriert, wesentliche Integrations­pro­file ausgeschlossen. Einige Profile würden in unterschiedlicher Weise proprietär abge­wandelt, so etwa die Authentifikations- und Autorisationsmechanismen.

Wie die Experten betonen, gehe es mit der Kritik nicht darum, bestehende Produkt- beziehungsweise Firmeninteressen einzelner deutscher Lösungsanbieter zu schützen. Vielmehr wichen die ePA-Spezifikation „vielfältig und an sehr essentiellen Stellen von den IHE-Vorgaben ab“. Hersteller und Anwender würden dadurch „vor die Wahl zwischen einer ePA- oder einen IHE-konformen Akte gestellt.“

Die gematik habe wiederholt behauptet, den Dialog mit der IHE Deutschland zu suchen. Das sei bisher nur punktuell erfolgt, sodass sich noch kein Ansatz für einen gemeinsamen Konsensbildungsprozess geboten habe.

KBr

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