Erhöhtes Krebsrisiko von Holocaust-Überlebenden
Tel Aviv – Die Überlebenden des Holocausts erkranken offenbar häufiger als andere Einwohner Israels an Krebs. Vor allem Lungen- und Darmkrebs traten nach den Ergebnissen einer Beobachtungsstudie in Cancer (2017; doi: 10.1002/cncr.30783) häufiger auf.
In Israel leben derzeit schätzungsweise 189.000 Überlebende der Konzentrations- und Vernichtungslager. Während ihrer oft mehrjährigen Lagerzeit waren sie unterschiedlichen gesundheitsschädlichen Faktoren ausgesetzt. Dazu gehörten neben dem extremen Nahrungsmangel auch physische und chemische Faktoren wie Kälte, Enge und Schadstoffe in den Unterkünftigen, das erhöhte Risiko von Infektionen und nicht zuletzt die Folgen der körperlichen und psychischen Misshandlungen. Viele dieser Expositionen sind langfristig mit einem erhöhten Krebsrisiko assoziiert.
Siegal Sadetzki vom Chaim Sheba Medical Center in Tel Aviv und Mitarbeiter haben hierzu die Daten von 152.622 Überlebenden untersucht. Zum einen verglich die Gruppe die Daten von Personen, die in Israel eine gesetzliche Entschädigung erhalten hatten, mit denen, deren Antrag abgelehnt wurde. Zum anderen verglich sie Einwohner, die aus Deutschland nach Israel eingewandert waren, mit Personen aus anderen Herkunftsländern.
Zwischen 1960 und 2006 waren 33.342 Personen an Krebs erkrankt. Am häufigsten waren Brust-, Darm- und Prostatakrebs. Auf diese Erkrankungen entfielen fast die Hälfte aller Fälle. Von den Personen, die eine Entschädigung erhalten hatten, waren 22,2 Prozent an Krebs erkrankt, in der Kontrollgruppe ohne Entschädigung erkrankten nur 16 Prozent an Krebs.
Nach Berücksichtigung von Unterschieden in Geschlecht, Herkunftsland und Einwanderungszeit ermittelt Sadetzki eine Hazard Ratio von 1,06 für alle Krebserkrankungen, was einem Anstieg um 6 Prozent entspricht. Darmkrebserkrankungen traten zu 12 Prozent häufiger und Lungenkrebs zu 37 Prozent häufiger auf. Die zweite Analyse nach den Herkunftsländern führte zu ähnlichen Ergebnissen.
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