Politik

Erneut Streit um Zusatznutzen neuer Medikamente

  • Mittwoch, 4. Januar 2017

Berlin – Rund jedes dritte neue Medikament hat bei der frühen Nutzenbewertung einen Zu­satznutzen vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) bescheinigt bekommen. Von knapp 130 überprüften Präparaten hatten 44 einen klar nachweisbaren Zusatz­nutzen. Das geht aus einer Erhebung aktueller Zahlen des GKV-Spitzenverbands (GKV-SV) her­vor. 41 der Arzneimittel brachten laut GKV-SV keine Vorteile gegenüber bekannten The­ra­pien. Bei den übrigen Präparaten war der Zusatznutzen entweder nicht quantifizierbar oder er wurde nur für einen Teil der Patienten anerkannt. Die Zeitungen der Funke-Me­diengruppe hatten zuerst über die neuen Zahlen berichtet.

Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) nannte die Zahlen heute „irre­führend und falsch“. Bei mehr als 70 Prozent der Patienten, für die der G-BA keinen Zu­satznutzen belegt sehe, sei dies „aus rein formalen Gründen“ so entschieden worden, er­klärte BPI-Hauptgeschäftsführer Henning Fahrenkamp. Über den therapeutischen Stellenwert des Medikaments für einen einzelnen Patienten sage diese Beurteilung nichts aus.

Die Krankenkassen beklagen seit Längerem, dass häufig neue Arzneimittel verordnet wür­den, obwohl diese gegenüber herkömmlichen Präparaten kaum einen Zusatznutzen hätten. Sie fordern darüber hinaus, dass der ausgehandelte Preis für ein neues Medika­ment nicht erst nach einem Jahr, sondern bereits vom ersten Tag der Zulassung an gel­ten soll. „Wir zahlen leider manchmal Mondpreise – und das nicht nur bei Krebsmitteln, bei denen sich die Preise nicht immer am Nutzen und Innovationsgrad der Medikamente orientieren“, kritisierte der neue Vorstandschef der DAK-Gesundheit, Andreas Storm, heute in der Süddeutschen Zeitung.

Storm zufolge können bestimmte Mittel „mehrere zehntausend Euro für die Behandlung eines Patienten kosten“. Auch das geplante Gesetz zur Stärkung der Arzneimittelver­sor­gung ändere „leider so gut wie nichts“. Wenn eine Umsatzschwelle von 250 Millionen Eu­ro überschritten wird, soll künftig der ausgehandelte niedrigere Erstattungsbetrag rück­wir­kend gelten. Diese geplante Umsatzschwelle hält Storm für viel zu hoch. 2015 wären nur drei Medikamente davon überhaupt betroffen gewesen.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) sagte der Funke-Mediengruppe, die geplanten Neuregelungen wie die Umsatzschwelle trügen dazu bei, dass die Patienten ei­nerseits schnellen Zugang zu neuen hochwertigen Arzneimitteln bekämen und anderer­­seits „unser Gesundheitswesen nachhaltig finanzierbar bleibt“.

afp/may/fos

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