Medizin

Erstes Kind mit drei genetischen Eltern angeblich in Mexiko geboren

  • Dienstag, 27. September 2016

New York – US-Repromediziner haben einem Paar aus Jordanien mit der Unterstützung einer britischen Firma in einer Klinik in Mexiko zu einem Kind verholfen, das die Erbanlagen von drei Menschen besitzt. Der Junge wurde laut einem Bericht im New Scientist bereits vor fünf Monaten geboren. Die Mediziner wollen ihre Ergebnisse Mitte Oktober auf der Jahrestagung der American Society for Reproductive Medicine in Salt Lake City vorstellen. Ein Vorab-Abstract wurde auf der Webseite der Fachgesellschaft veröffentlicht.

Das Team um John Zhang vom New Hope Fertility Center in New York und Mitarbeiter bezeichnen die Technik als Rekonstruktion einer menschlichen Eizelle durch Zellkern­transfer („human oocytes reconstituted by spindle nuclear transfer“). Sie entfernten zunächst den Zellkern aus der unbefruchteten Eizelle einer Spenderin und ersetzen ihn durch den Zellkern der Frau mit Kinderwunsch.

Danach wurde die Eizelle durch intrazytoplasmatische Injektion eines Spermiums des Ehemanns befruchtet. Die Technik unterscheidet sich damit vom kürzlich in Großbri­tannien zugelassenen pronukleären Transfer, bei dem zunächst die Eizellen der Frau und der Spenderin befruchtet werden. Danach wird der Pronukleus aus der Eizelle der Spenderin entfernt und durch den Pronukleus aus der Eizelle der Frau mit Kinder­wunsch ersetzt. Dies hätte bedeutet, dass die Gene einer befruchteten Eizelle, nämlich die der Spenderin, vernichtet worden wären, was das Paar aus Jordanien aus religiösen Gründen angelehnt haben soll.

Das Paar aus Jordanien hat sich nach Informationen des New Scientist seit fast 20 Jahren um ein überlebensfähiges Kind bemüht. Zehn Jahre nach der Heirat soll die Frau das erste Mal schwanger geworden sein. Es kam zu einer Fehlgeburt, der ersten von vier in Folge. Im Jahr 2005 kam es dann zur Geburt eines lebenden Mädchens. Das Kind wurde mit einem Leigh-Syndrom geboren.

Es handelt sich um eine Gruppe von seltenen genetischen Defekten, die die Atmungskette der Mitochondrien beschädigen. Die Folge ist eine schwere Störung der Energieproduktion. Sie manifestiert sich zunächst in dem energiehungrigsten Organ, dem Gehirn. Es kommt zu einer subakuten nekrotisierenden Enzephalomyelopathie. Das Mädchen starb im Alter von sechs Jahren. Ein zweites Kind des Paares starb bereits im Alter von acht Monaten am Leigh-Syndrom.

Da die Mitochondrien – in der Evolution eingefangene Prokaryonten – teilweise ihr eigenes Erbgut besitzen und bei der Befruchtung immer mit dem Zytoplasma der mütterlichen Eizelle weitergegeben werden, lässt sich die Erbkrankheit nur durch eine „Mitochondrien-Spende“ vermeiden. Dies ist bereits in den 1990er Jahren versucht worden.

Damals wurden die Mitochondrien aus unbefruchteten Eizellen einer Spenderin entnommen und in eine befruchtete Eizelle injiziert. Dort kam es zu einem Nebeneinander von gespendeten gesunden und eigenen kranken Mitochondrien. Dies war mit der weiteren Entwicklung des Embryos nicht vereinbar. Es wurden keine erfolgreichen Schwangerschaften erzielt.

Die von Zhang gewählte Methode ist in den USA nicht erlaubt. Die Mediziner wichen deshalb in eine Klinik nach Mexiko aus. Unterstützt wurden sie von Forschern von Reprogenetics einer Firma aus Oxford in England, das sich auf die Präimplantations­diagnostik spezialisiert hat. Wo das Kind zur Welt kam, wurde nicht bekannt gegeben. Es soll gesund und ohne Hinweise auf ein Leigh-Syndrom sein.

rme

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