Ärzteschaft

Erstmals einheitlicher Konsens zur Bestimmung von Gebrechlichkeit

  • Freitag, 27. Oktober 2023
/sergign, stock.adobe.com
/sergign, stock.adobe.com

Berlin – Europäische Fachgesellschaften für Herzchirurgie und Prävention haben gemeinsam ein Konsensus­papier zur perioperativen Bestimmung von Gebrechlichkeit (Frailty) entwickelt. Darin fasst eine interdiszipli­näre Arbeitsgruppe konkrete Messgrößen zusammen, die das Ausmaß von Gebrechlichkeit zur Vorhersage von Komplikationen und Mortalität gemäß aktueller Datenlage am besten widerspiegeln (European Journal of Cardio-Thoracic Surgery 2023, DOI: 10.1093/ejcts/ezad181).

Gebrechlichkeit ist ein Risikofaktor für Komplikationen und erhöhte Mortalität bei vielen medizinischen In­ter­ventionen, zum Beispiel in der Onkologie und Chirurgie. Bisher etablierte Algorithmen zur Abschätzung des perioperativen Risikos chirurgischer Eingriffe wie zum Beispiel der EuroSCORE II (European Journal of Cardio-Thoracic Surgery 2012; DOI: 10.1093/ejcts/ezs043) und der Society of Thoracic Surgeons (STS) Risk Score (Annals of Thoracic Surgery 2018; DOI: 10.1016/j.athoracsur.2018.03.002 und DOI: 10.1016/j.athoracsur.2018.03.003) greifen laut Konsensuspapier zu kurz.

Beide Scores berücksichtigen nach deren Einschätzung, die besonderen Konstellationen im Alter aus Komor­bi­dität, physiologischen Besonderheiten und anderen altersbedingten Risikofaktoren, nicht ausreichend ge­nug.

Jetzt haben Experten einen fachgebietsübergreifenden Konsens gefunden, wie das Ausmaß von Gebrechlich­keit umfassend und einheitlich bewertet werden kann, bevor herzchirurgische Maßnahmen oder Transkathe­ter-Aortenklappen-Implantation (TAVI) umgesetzt werden.

Eine Arbeitsgruppe mit Vertretern der aus Herzchirurgie, Kardiologie, Anästhesiologie, Geriatrie und der Bio­statistik haben in interdisziplinärer Zusammenarbeit evidenzbasiert ein entsprechendes Verfahren erarbeitet und zusammengefasst (siehe Infobox).

Eine Kernaussage des Positionspapiers lautet außerdem, dass die Beurteilung der Gebrechlichkeit, die Inter­pretation der Ergebnisse und deren Berücksichtigung bei den Behandlungsentscheidungen stehts interdiszi­plinär diskutiert werden sollten.

Auch an dieser Stelle zeige sich, dass die interdisziplinäre Zusammenarbeit der bestmögliche Ansatz für die Patientinnen und Patienten und deren Sicherheit sei, betonte der Präsident der herzchirurgischen Fachge­sellschaft Volkmar Falk, ärztlicher Direktor des Deutschen Herzzentrums der Charité (DHZC) Universitätsme­dizin Berlin.

Als relevante Fachgruppen für das interdisziplinäre Assessment nennen die Autoren des Positionspapiers zum Beispiel Geriater, Anästhesisten, Kardiologen und Herzchirurgen.

„Wir wollen nachhaltig dazu beitragen, dass Ergebnisse in der Frailty-Forschung belastbar verglichen und klinische Behandlungsstandards weiter etabliert werden können. Auf diesem Weg sind wir nun einen großen Schritt weitergekom­men," schilderte Co-Leiter der Arbeitsgruppe und Erstautor der Publikation in EJCTS Simon Sünder­mann, Oberarzt an der Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie (CVK) an der Charité Universi­tätsmedizin Berlin.

Das gemeinsame Positionspapier der beiden eu­ropäischen Fachgesellschaften der Herz-/Thorax­chirurgen (EACTS, European Association for Car­dio-Thoracic Surgery) und der Präventiv-Kardio­logen (EAPC, European Association of Preventive Cardiology) wurden auf dem Jahreskongress der EACTS 2023 in Lissabon (Portugal) vorgestellt und in zwei Fachjournalen (European Journal of Cardiothoracic Surgery, EJCTS) und European Journal of Preventive Cardiology, EJPC) publiziert.

cw

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung