„Es wird keine neuen haftungsrechtlichen Risiken geben“
Berlin – Im Zuge der elektronischen Patientenakte für alle („ePA für alle“) wird allen gesetzlich Krankenversicherten ab Anfang 2025 von den Krankenkassen eine elektronische Patientenakte zur Verfügung gestellt, es sei denn sie widersprechen. Dies bringt für Vertragsärzte und -psychotherapeuten Reihe von Rechten und Pflichten mit sich. Das Deutsche Ärzteblatt sprach mit Christoph Weinrich, Leiter des Stabsbereichs Recht der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).

Worin liegt für die Praxen der Unterschied zwischen der ePA und der bisher schon erfolgenden Dokumentation in den Primärsystemen?
Entscheidend ist, dass das Hochladen von Dokumenten in die ePA nicht die Behandlungsdokumentation ersetzt. Ärzte und Psychotherapeuten sind nach Gesetz und Berufsordnung weiterhin verpflichtet, alle medizinisch relevanten Informationen für die Behandlung ihrer Patientinnen und Patienten festzuhalten. Die ePA als eine versichertengeführte Akte wird aber künftig als weiteres Kommunikations- und Informationsmittel genutzt werden können.
Sind Ärzte und Psychotherapeuten verpflichtet, routinemäßig die gesamte ePA eines Patienten zu durchforsten?
Nein, eine Pflicht zur anlasslosen Durchsuchung der ePA besteht nicht. Grundlage der Behandlung bleibt die Anamnese und das Arzt-Patienten-Gespräch. Sollten hierbei Hinweise auftauchen, dass die ePA medizinisch relevante Informationen enthält, müssen die betreffenden Dokumente berücksichtigt werden. Insofern wird es keine neuen haftungsrechtlichen Risiken geben.
Müssen Ärzte und Psychotherapeuten die Patienten bei jedem Behandlungsfall zu den Vorgängen rund um die ePA Nutzung persönlich aufklären beziehungsweise fragen, ob vorliegende Daten eingesehen werden dürfen?
Nein, sowohl zu den Dokumenten, die Praxen verpflichtend einstellen müssen, als auch zu Dokumenten, die auf Verlangen von Patienten eingestellt werden müssen, kann auch per Aushang informiert werden.
Wir wollen rechtssichere, aber pragmatische Wege zur Nutzung der elektronischen Patientenakte aufzeigen und stellen einen an die Versicherten gerichteten Praxisaushang zur Verfügung. Widerspricht der Patient, wird dies entsprechend in der Behandlungsdokumentation vermerkt.
Was sollten die Praxen rund um das Thema Dokumente in die ePA hochladen besonders beachten?
Grundsätzlich gilt, dass das Befüllen der ePA auch delegiert werden kann. Die Ausnahme bilden etwaig vorliegende Ergebnisse von genetischen Untersuchungen oder Analysen im Sinne des Gendiagnostikgesetzes.
Ärztinnen und Ärzte müssen solche Daten persönlich speichern, und dürfen dies auch nur, wenn der Patient explizit eingewilligt hat. Die Einwilligung muss ausdrücklich und schriftlich oder in elektronischer Form vorliegen und in der Behandlungsdokumentation abgelegt werden.
Welche Erwartungen haben die KBV und die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) an die ePA-Softwaremodule der Primärsystemhersteller?
Für uns ist es eine zentrale Forderung, dass die Handhabung der ePA die Abläufe in den Praxen nicht stört. Die Einbettung in den Versorgungsalltag wird nur funktionieren, wenn die Handhabung möglichst einfach ist und die Technik störungsfrei läuft. Hier sind die PVS-Hersteller in der Pflicht.“
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