KBV-Praxisbarometer Digitalisierung: Störanfälligkeit der Telematikinfrastruktur bleibt hoch

Berlin – Die Fehlerhäufigkeit der Telematikinfrastruktur (TI) stellt noch immer eines der zentralen Probleme bei der Digitalisierung der Praxen dar. Dies zeigt das heute von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) veröffentlichte Praxisbarometer Digitalisierung.
Der vom IGES Institut im Auftrag der KBV durchgeführten Befragung zufolge blieb die Fehlerhäufigkeit im Zusammenhang mit der TI-Nutzung auf einem ähnlichen Niveau wie im vergangenen Jahr. Demnach berichteten 15 Prozent der vertragsärztlichen und -psychotherapeutischen Praxen über tägliche TI-Fehler (2023: 18 Prozent) und 43 Prozent von wöchentlich auftretenden Störungen (2023: 42 Prozent).

„Die Praxen brauchen bei ihrer täglichen Arbeit verlässliche Strukturen und funktionierende Systeme, damit die Digitalisierung zu einer Entlastung führen und erfolgreich sein kann“, betonte Sibylle Steiner, Vorstandsmitglied der KBV. Die Spannbreite der TI-Störungen beeinträchtige die Praxisabläufe – etwa weil die TI-Konnektoren neu gestartet werden müssten.
Wie die Erhebung weiter verdeutlicht, zeigt sich bei den TI-Störungen ein Zusammenhang zwischen der Fehlerhäufigkeit und dem jeweils in der Praxis eingesetzten Praxisverwaltungssystem (PVS).
So berichteten 45 Prozent der Anwender des PVS mit der schlechtesten Performance von täglichen Störungen, beim PVS mit der besten Performance waren es nur drei Prozent.
Steiner wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass mit dem Gesundheits-Digitalagentur-Gesetz (GDAG) eigentlich Regelungen sowohl zur Stärkung der Gematik-Position gegenüber der IT-Industrie als auch zur Erleichterung von PVS-Wechseln geplant gewesen seien. Nun sei allerdings höchst fraglich, ab das GDAG noch komme.
„Gerade im Hinblick auf die Einführung der ePA setzen wir darauf, dass die Hersteller verantwortungsvoll handeln und funktionstüchtige, nutzerfreundliche sowie vor allem ausreichend getestete Systeme ausliefern werden“, so Steiner. Die von der KBV initiierte PVS-Rahmenvereinbarungen mit definierten Anforderungen an die Systeme habe bislang kein Hersteller unterzeichnet.

Die Gematik sei wiederum gefordert, für schnellere Signaturzeiten zu sorgen – etwa durch eine Verlagerung des Vorgangs in den Hintergrund. Der elektronische Signiervorgang koste die Praxen noch immer zu viel Zeit, kritisierte die KBV-Vorständin.
Der bevorstehende Start der elektronischen Patientenakte (ePA) zum Jahresanfang bereite den Praxen in Verbindung mit der ohnehin bestehenden TI-Störanfälligkeit gewisse Sorgen.
Den vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) vorgesehenen Zeitraum für Tests in Modellregionen von vier Wochen halte man für „knapp bemessen“, sagte Steiner. Man erwarte vom Ministerium, dass mit der Fragestellung, ob die Technik in den Praxen gut funktioniere, „sehr verantwortungsvoll“ umgegangen werde.
Laut der IGES-Befragung befürchten rund 90 Prozent der Praxen, dass die ePA zu einem hohen Verwaltungs- und Zeitaufwand führen könnte. Steiner betonte nochmals, dass es „ganz klar“ Aufgabe der Krankenkassen sei, die Versicherten umfassend über die ePA zu informieren.
Knapp 40 Prozent der Praxen erwarten direkte Vorteile für die medizinische Versorgung. Den größten Nutzen von der Einstellung in die ePA erwarten die Vertragsärztinnen und -ärzte beim elektronischen Medikationsplan, bei Arztbriefen sowie Krankenhausentlassbriefen.

Die digitale Kommunikation mit den Krankenhäusern hinke allerdings Stand jetzt weiterhin hinterher, kritisierte Steiner. Der stationäre Sektor müsse bei der Digitalisierung mit- beziehungsweise nachziehen.
Von einem „ernüchternden Ergebnis“ bei diesem Aspekt sprach auch Martin Albrecht, Geschäftsführer und Bereichsleiter Gesundheitspolitik beim IGES. Während die digitale Kommunikation zwischen Praxen stetig zunehme, müsse man bei der Kommunikation mit Kliniken von einer Stagnation sprechen.
Die Praxen seien keine Digitalisierungsverweigerer, so Albrecht. Er verwies darauf, dass beispielsweise auch die digitalen Angebote in Richtung der Patienten stetig zunehmen würden.
Wie die Umfrage zeigt, ermöglichen mittlerweile 38 Prozent der Praxen eine Online-Rezeptbestellung (2023: 32 Prozent) und 32 Prozent eine Online-Terminvereinbarung (2023: 30 Prozent). Digitale Erinnerungen an Termine, Vorsorge, Impfungen und ähnliches bietet ein knappes Viertel (23 Prozent).
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: