EU will Produktion von Generika und Biosimilars in Europa stärken

Brüssel/Berlin – Die Kommission der Europäischen Union (EU) schlägt vor, die Vorschriften zum Schutz geistigen Eigentums in der Pharmaforschung zu verändern. Ziel ist, den Patentschutz weiterhin vollständig zu erhalten, den europäischen Herstellern von Generika und Biosimilars aber dennoch mehr Möglichkeiten zu eröffnen.
Hintergrund ist, dass es Generikaunternehmen etwa in Deutschland nach geltender Rechtslage nicht nur gesetzlich verboten ist, Medikamente zu verkaufen, solange das entsprechende Präparat des Originalherstellers noch durch Patente oder durch ergänzende Schutzzertifikate (Supplementary Protection Certificates, SPC) geschützt ist, sondern auch, diese Medikamente hierzulande herzustellen. Daher muss die Produktion für Länder ohne Patentschutz systematisch im Ausland erfolgen. Ergänzende Schutzzertifikate (SPC) wurden 1992 in der EU als Erweiterung eines Patentrechts eingeführt. Durch ein SPC kann ein Patent um maximal fünf Jahre verlängert werden.
Ausnahmeregelung geplant
Die EU-Kommission plant nun eine „Ausnahmeregelung für die Herstellung für Exportzwecke für ergänzende Schutzzertifikate“. Gemeint ist damit, dass Generikaunternehmen künftig SPC-geschützte Medikamente im Inland herstellen dürfen – allerdings ausschließlich, um sie in Länder zu exportieren, in denen der Patent- beziehungsweise SPC-Schutz bereits abgelaufen ist.
„Damit beseitigen wir ein rechtliches Hindernis für unsere Unternehmen. Für sie galten bisher nicht die gleichen Wettbewerbsbedingungen auf den hart umkämpften globalen Märkten. Wir wollen dafür sorgen, dass unsere pharmazeutische Industrie von diesem Wettbewerb profitiert“, sagte Jyrki Katainen, der für Arbeitsplätze, Wachstum, Investitionen und Wettbewerbsfähigkeit zuständige Vizepräsident der EU-Kommission. Mit den Änderngen würden Innovation und Kreativität gefördert. „Wir bekennen uns zu den grundlegenden Rechten und zur Dauer dieses Schutzes. Hier wird es auch künftig keine Änderungen geben“, betonte er.
„Der heute vorlegte Vorschlag schafft einen Ausgleich: Einerseits muss Europa für innovative Arzneimittelhersteller unbedingt attraktiv bleiben, andererseits müssen Generika und Biosimilars aus der EU auf den Weltmärkten konkurrieren können“, ergänzte Elżbieta Bieńkowska, Kommissarin für Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und kleinere und mittlere Unternehmen.
Der Vorschlag werde zu Wachstum und zur Schaffung qualifizierter Arbeitsplätze in der EU beitragen. Er könnte einen zusätzlichen Nettoumsatz von rund einer Milliarde Euro pro Jahr generieren und bis zu 25.000 neue Arbeitsplätze innerhalb von zehn Jahren entstehen lassen. „Das wird insbesondere den vielen in diesem Bereich tätigen kleinen und mittleren Unternehmen zugutekommen“, so die Kommissarin.
„Das ist ein erstes, wichtiges und vor allem überfälliges Signal“, sagte Bork Bretthauer, Geschäftsführer des Industrieverbandes Pro Generika. Das Vorhaben könne dazu führen, dass der Produktionsstandort Deutschland gestärkt werde und mehr Generika nach deutschen Sozial- und Umweltstandards produziert würden. Vor Inkrafttreten des Kommissionsvorschlags müssen allerdings das Europäische Parlament und der Rat ihn annehmen. Dann wird die Verordnung in allen EU-Mitgliedstaaten unmittelbar gelten.
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