Eugen Münch: Den Hausarzt vor Ort wird es in Zukunft nicht mehr geben
Köln – Für die einen ist er derjenige, der die „Durchökonomisierung“ des Gesundheitswesens in entscheidender Weise mit vorangetrieben hat, für die anderen ist er ein mutiger Vordenker im Medizinbetrieb. Eugen Münch, Aufsichtsratsvorsitzender der Rhön-Klinikum AG hatte beim Gesundheitskongress des Westens, der am 25. und 26. März in Köln stattfand, einen seiner seltenen öffentlichen Auftritte. Bei der Auftaktveranstaltung zum Thema „Gute Medizin – eine Frage des Geldes?“ entwickelte er ein Zukunftsszenario, das zwar nicht jedem gefallen, aber auf jeden Fall für Diskussionen sorgen wird.
Im Prinzip sei es richtig, dass gute Qualität auch eine Frage des Geldes sei, betonte Münch, es bestehe allerdings kein zwingender Zusammenhang – die Bewegungskraft des Geldes sei sehr groß, allerdings auch in negativer Richtung. Grundsätzlich müsse man davon ausgehen, dass mit zunehmendem Durchschnittsalter auch die Höhe der abgeforderten Leistungen zunehme. Dazu werde mehr Geld benötigt. „Fließt das nicht, bedeutet das Rationierung“, lautet die Schlussfolgerung für Münch. „Wird diese nicht gesteuert, greift das Windhundprinzip – hierbei sind die Gesünderen, die Schnelleren immer die ersten.“ Eine gesteuerte Rationierung, meint Münch, könne sich aber in einer Demokratie keine politische Führung erlauben, sie würde bei der nächsten Wahl abgewählt.
Um diesem Dilemma zu entgehen, schlägt Münch einen dritten Weg vor. Für ihn ist es an der Zeit, grundsätzlich die vorgegebenen Strukturen der gesundheitlichen Versorgung zu überdenken. Er sieht eine Verschwendung von Ressourcen darin, dass heute noch das wohnortnahe „Vorhandensein eines Kundigen“ – sei es in Form der ärztlichen Praxis oder des Krankenhauses – nicht hinterfragt werde. „Das Kriterium der Anwesenheit der Medizin ist gesetzt“, stellt Münch fest. Diese Falschprogrammierung präge heute die Medizin. Zwar sei es wünschenswert, vor Ort den Hausarzt zu haben, aber den werde es in Zukunft nicht mehr geben. „Wenn wir dieses Problem nicht überwinden, zahlt die spätere Generation die Zeche.“
Münchs Lösungsvorschlag: Ausbau und Konzentration diagnostischer Zentren. Dies versuche er aktuell in einem Krankenhaus der Rhön-Klinikum AG in Bad Neustadt umzusetzen. Das Geld aus dem Verkauf des Großteils seiner Klinikkette diene ihm hier als Basis für das neue Projekt. Angeboten werden sollen Diagnoseleistungen auf höchstem Niveau, extrem leistungsstarke Computertomographen sollen einen Ganzkörperscan mit sämtlichen verfügbaren Gesundheitsdaten liefern. In der Region werde dies den Hausarzt vor Ort überflüssig machen.
„Es wird den Dr. Siri geben, und der wird künftig das Anamnese-Gespräch führen.“ Die Telemedizin ermögliche die Überwachung über die Distanz hinweg, vor Ort reiche eine medizinische Fachkraft wie ehedem Schwester Agnes in der DDR.
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