Rhön will ambulante Flächenversorgung in Marburg „übernehmen“
Berlin – Die Rhön-Klinikum AG plant, den an ihrem Stammsitz Bad Neustadt eingeschlagenen Weg einer stärkeren Konzentration auf die ambulante Versorgung am Standort Marburg fortzusetzen. Das geht aus einem Protokoll des Medizininnovations- und Qualitätsausschusses des privaten Krankenhausträgers hervor, das dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt. „Die weitere Existenz von Marburg wird nur in der Schaffung ambulanter Strukturen mit dem Ziel, die ambulante Flächenversorgung weitgehend zu übernehmen oder mindestens zu steuern, gesehen“, heißt es darin. Das bedeute, dass sich die Universitätsklinik Marburg durch Ausbau ihrer ambulanten Versorgungsstrukturen an die Spitze setze und mittels Stützpunkten und telemedizinischen Verbundambulanzen neue Lösungen für das flache Land aufweise.
„Dies kann nach Auffassung des Aufsichtsratsvorsitzenden mit einem rigorosen Ausbau der Poliklinik-/MVZ-Struktur mit Stiftungslehrstühlen geschehen“, heißt es weiter in dem Protokoll. „Damit würde die Ambulanz als Poliklinik oder MVZ in der Uniklinik einen völlig neuen Stand bekommen.“ Dem Aufsichtsrat sitzt Eugen Münch vor, der den Vorläufer der Rhön-Klinikum AG im Jahr 1973 übernommen hatte. Die Geschäftsführung wurde dem Protokoll zufolge damit beauftragt, ein Konzept für neue Strukturen der Ambulanz für den Standort Marburg zu erstellen und dieses „unter Vermeidung von Konsensstrategien mit den ewig Gestrigen umzusetzen“.
Münch will Hausarzt vor Ort überflüssig machen
Es gehöre zu den natürlichen Aufgaben des Medizininnovations- und Qualitätsausschusses, sich „offen, innovativ und ohne Denkverbote mit Perspektiven und Entwicklungen der Gesundheitsversorgung auseinanderzusetzen und das Ergebnis der Diskussion nach Möglichkeit für das Unternehmen fruchtbar zu machen“, erklärte die Rhön-Klinikum AG auf Anfrage.
Dies betreffe beispielsweise auch die künftige medizinische Versorgung in eher ländlichen Regionen. Angesichts der herausragenden Stellung, die das Universitätsklinikum Marburg unter den Kliniken des Unternehmens einnehme, liege es daher nahe, dass im Ausschuss auch Überlegungen zu etwaigen Perspektiven einer optimierten Gesundheitsversorgung in der Region Mittelhessen freimütig diskutiert würden.
Im vergangenen Jahr hatte die Rhön-Klinikum AG 43 Kliniken und Medizinische Versorgungszentren an den Konkurrenten Fresenius verkauft. Das Geld aus diesem Verkauf wolle Münch nun für ein neues Projekt einsetzen, wie Münch vor kurzem auf dem Gesundheitskongress des Westens erklärt hatte: für den Ausbau und die Konzentration diagnostischer Zentren in Bad Neustadt. Leistungsstarke Computertomographen sollen Münch zufolge künftig einen Ganzkörperscan mit sämtlichen verfügbaren Gesundheitsdaten liefern. In der Region werde dies den Hausarzt vor Ort überflüssig machen.
Nach Verkauf von 43 Kliniken: Rhön erzielt Gewinn von 1,23 Milliarden Euro
Angesichts der Präsentation des Jahresergebnisses 2014 erklärte der Vorstandsvorsitzende der Rhön-Klinikum AG, Martin Siebert, heute in Frankfurt am Main: „Organisches Wachstum, passende Akquisitionen bei entsprechender Opportunität sowie der entschlossene Ausbau der Netzwerkmedizin sind unsere Erfolgsgaranten für die Zukunft. Die Rhön-Klinikum AG wird auch und gerade in der neuen Konstellation und der Konzentration auf Innovation und Behandlungsexzellenz eine bedeutende Rolle in der deutschen Gesundheitswirtschaft spielen.“
Die Geschäftsentwicklung sei im Jahr 2014 stark von dem Verkauf der 43 Kliniken und Medizinischen Versorgungszentren beeinflusst worden, erklärte das Unternehmen. Der Umsatz belaufe sich vor diesem Hintergrund im vergangenen Geschäftsjahr auf 1,51 Milliarden Euro. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) liegt dem Rhön-Klinikum zufolge durch den Erlös für die veräußerten Kliniken bei 1,41 Milliarden Euro. Der Konzerngewinn beträgt 1,23 Milliarden Euro.
„Unter Berücksichtigung der durch die Transaktion entstandenen Sondersituation mit ihren Belastungen ist das erzielte Ergebnis für das Jahr 2014 sehr zufriedenstellend“, betonte Siebert. Für 2015 rechnet das Unternehmen mit einem Umsatz von etwa 1,1 Milliarden Euro sowie einem Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) zwischen 145 und 155 Millionen Euro.
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