Ärzteschaft

Europäischer Gesundheitsdatenraum darf ärztliche Schweigepflicht nicht gefährden

  • Donnerstag, 13. April 2023
/vegefox.com, stock.adobe.com
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Berlin – Der geplante europäische Gesundheitsdatenraum darf aus Sicht der Kassenärztlichen Bundes­vereini­gung (KBV) nicht das vertrauensvolle Arzt-Patienten-Verhältnis stören. Patientinnen und Patienten müssten darauf vertrauen können, dass die Daten an niemanden weitergereicht würden, wenn sie das nicht wünschten, sagte der KBV-Vorstandsvize Stephan Hofmeister heute.

Mit dem europäischen Gesundheitsdatenraum will die EU-Kommission die bessere Nutzung von Gesund­heits­daten für die medizinische Versorgung, Forschung und Innovation sowie für gesundheitspolitische Entschei­dungen ermöglichen.

Dazu hatte sie im Mai 2022 einen Verordnungsentwurf vorgelegt: Jeder EU-Bürger soll danach eine europäi­sche elektronische Patientenakte erhalten, die europaweit genutzt werden kann. Nach Einschätzung Hofmeis­ters sind aber noch viele Fragen offen.

So sollen medizinischen Daten, wo auch immer sie erhoben wurden, in ein lesbares und gegenseitig aus­tausch­bares Format gebracht werden, das über PDF hinausgehe. Dieses müssen dann in Spanien oder in Finnland auch gelesen werden können, „das heißt, es muss übersetzt werden“, erläuterte Hofmeister. Schließ­lich müssten die Daten irgendwo gelagert werden. „Das sind alles Voraussetzungen, die noch zu schaffen sind.“

Entscheidend seien zudem die Aspekte Datenschutz und Datensicherheit. Hofmeister betonte, es müsse sichergestellt sein, „dass nur die Daten und auch nur an die Institutionen weitergegeben werden können“, wenn der Patient dies ausdrücklich erlaube. Nunmehr sollen die Daten digital vorliegen, „wo dann Dritte, auch die Industrie, die Forschung, wer auch immer unter bestimmten Regeln darauf zugreifen kann“.

Das könne dazu führen, dass Patienten „zurecht mit einem mulmigen Gefühl sagen, ich möchte aber gar nicht, dass bestimmte Dinge publik werden“. Als Beispiele nannte er psychische Erkrankungen, Geschlechtskrank­heiten und Schwangerschaftsabbrüche.

„Wenn der Eindruck entsteht, dass sie publik werden könnten, dann kann es sein, dass eine Patientin oder ein Patient kein Vertrauen zum Arzt hat und bestimmte Dinge nicht sagt oder nicht behandeln lässt oder sich je­mand sucht, der das ohne digitale Daten behandelt“, fürchtet Hofmeister. Eine solche Entwicklung wäre „ex­trem gefährlich und würde das Arzt-Patienten-Verhältnis nachhaltig verändern“.

Als weitere wichtige Voraussetzung für den europäischen Gesundheitsdatenraum nannte Hofmeister das Ver­hindern von unbefugten Zugriffen auf persönliche Gesundheitsdaten. Diesen „Datenschatz“ zu sichern, sei vor allem ein technisches Problem und werde „ausgesprochen schwierig, ich will fast sagen, vermutlich unmög­lich“.

Das derzeitig geplante Opt-out-Modell für die europäische elektronische Patientenakte müsse sehr niedrig­schwellig möglich sein. Hofmeister betonte zudem, es dürfe keine Benachteiligungen in der medizinischen Versorgung geben, wenn man sich zum Opt-out entschieden hat – dies sei die „absolute Mindestforderung“.

aha/EB

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