Ausland

Europarat kritisiert psychiatrische Versorgung in einigen deutschen Haftanstalten

  • Mittwoch, 14. September 2022
/rudall30, stock.adobe.com
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Straßburg – Der Europarat hat die mangelnde psychiatrische Versorgung in einigen deutschen Justizvoll­zugs­anstalten kritisiert. Auch über die teilweise lange Einzelhaft von Häftlingen äußerte sich das Komitee zur Ver­hütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe des Europarats (CPT) in einem heute veröffentlichten Bericht besorgt.

In den zwei besuchten Justizvollzugsanstalten Bayreuth und Gelsenkirchen sei die psychiatrische Versorgung „besorgniserregend“ gewesen, heißt es in dem Bericht. Dort sei die Ausstattung mit Psychiatern „eindeutig un­zureichend“. Die Haftanstalten hätten zudem „große Schwierigkeiten, Häftlinge mit akuten psychischen Proble­men in ein angemessenes therapeutisches Umfeld zu verlegen“.

Zudem bemängelte das CPT, dass in den Justizvollzugsanstalten Celle und Lübeck Häftlinge in Einzelhaft übli­cherweise rund 22 Stunden ohne Kontakt zu anderen Menschen in ihren Zellen verbrächten und ihnen nur äußerst begrenzter Kontakt zu anderen Menschen zugestanden werde.

Zu den bemängelten Zuständen zählte das CPT zudem die Fixierung von Menschen in Polizeigewahrsam in Brandenburg, Hamburg und Nordrhein-Westfalen. Das Komitee empfahl die Abschaffung dieser Maßnahme in Polizeieinrichtungen in ganz Deutschland.

„Ernste Besorgnis“ äußerte das CPT auch darüber, dass in Deutschland die Befragung Jugendlicher ohne einen Rechtsbeistand oder eine Vertrauensperson weiterhin möglich sei. Deren Anwesenheit müsse verpflichtend sein, forderte das CPT.

Zur Behandlung von Insassen durch die Polizei wurden dem CPT dem Bericht zufolge zwar einzelne Fälle von überzogener Gewalt, verbaler Übergriffe und Gewaltandrohungen gemeldet. Vorwürfe wegen absichtlicher körperlicher Misshandlung seien den Inspekteuren aber nicht übermittelt worden.

In den besuchten Gefängnissen seien Gewalt durch Angestellte oder unter Gefangenen kein größeres Problem, die materiellen Bedingungen seien „sehr gut“, das Angebot an Aktivitäten erwecke einen „positiven Eindruck“.

Mitglieder des Komitees hatten 2020 insgesamt 18 Justizvollzugsanstalten, Polizeireviere und Kliniken für forensische Psychiatrie untersucht.

afp

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