Ausland

Ex-US-Behördenchefin warnt vor Rückkehr von Infektionskrankheiten

  • Donnerstag, 18. September 2025
Die ehemalige Direktorin der Centers for Disease Control and Prevention (CDC), Susan Monarez, sagt vor dem Senatsausschuss für Gesundheit, Bildung, Arbeit und Renten aus, um die jüngsten Ereignisse in den CDC und deren Auswirkungen auf die Gesundheit von Kindern zu untersuchen. /picture alliance, AP, Jose Luis Magana
Die ehemalige Direktorin der Centers for Disease Control and Prevention (CDC), Susan Monarez, sagt vor dem Senatsausschuss für Gesundheit, Bildung, Arbeit und Renten aus, um die jüngsten Ereignisse in den CDC und deren Auswirkungen auf die Gesundheit von Kindern zu untersuchen. /picture alliance, AP, Jose Luis Magana

Washington – Die ehemalige Leiterin der US-Gesundheitsbehörde CDC, Susan Monarez, warnt vor einer Rückkehr vermeidbarer Krankheiten in den Vereinigten Staaten.

Wenn Impfempfehlungen und -maßnahmen ohne belastbare Daten geändert würden, drohe ein Wiederaufflammen von Kinderlähmung, Masern, Diphtherie oder Keuchhusten, sagte sie bei einer Anhörung im US-Kongress. Das Land habe gerade erst die größte Masernwelle seit mehr als 30 Jahren erlebt, bei der zwei Kinder gestorben seien.

Monarez war Ende Juli von Präsident Donald Trump zur CDC-Chefin berufen und kurz darauf vom Senat bestätigt worden. Ihre Amtszeit dauerte jedoch nur 29 Tage.

Nach eigenen Angaben wurde sie von US-Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. aus ihrer Rolle gedrängt, weil sie sich geweigert habe, wissenschaftliche Standards zu missachten. Der Minister habe verlangt, dass sie Impfempfehlungen vorab und ohne Prüfung genehmige und erfahrene Fachleute entlasse.

„Ich hätte das Amt und den Titel behalten können, aber ich hätte das Einzige verloren, was nicht ersetzt werden kann: meine Integrität“, sagte die Mikrobiologin und Immunologin. Mehrere hochrangige Führungskräfte traten im Zuge ihrer Entlassung ebenfalls zurück.

Die CDC (Centers for Disease Control and Prevention) ist in den USA unter anderem für den Schutz vor Infektionskrankheiten zuständig. Nach der Absetzung von Monarez stellte Kennedy seinen Vertrauten Jim O'Neill als Interimsleiter ein. Damit hat der Minister wenig Widerstand gegen seine Impfpolitik zu erwarten.

Kennedy gilt als ausgesprochener Impfskeptiker. Kritiker werfen ihm vor, wiederholt Zweifel an Impfungen gestreut und dabei Falschinformationen verbreitet zu haben. Erst Anfang August strich der Minister Mittel für die Entwicklung bestimmter mRNA-Impfstoffe.

Fachleute haben Angst vor Gewalt

Monarez verwies in der Anhörung auch auf einen Angriff auf die CDC-Zentrale in Atlanta. Anfang August hatte dort ein bewaffneter Mann Hunderte Schüsse abgegeben und einen Sicherheitsbeamten getötet. Der Täter sei von Impfgegnerschaft getrieben gewesen, sagte Monarez.

Sie gab an, selbst bedroht worden zu sein, und äußerte die Sorge, dass die Verbreitung irreführender Informationen nicht nur die Gesundheit von Kindern, sondern auch die Bereitschaft Einzelner zu Gewalttaten weiter anheizen könne.

Die ebenfalls befragte frühere leitende CDC-Beamtin Debra Houry erklärte in der Anhörung, viele Experten würden aus Angst nicht mehr öffentlich über Impfungen sprechen oder ihre Namen von Fachartikeln streichen. Sie selbst habe nach zehn Jahren aus ethischen Bedenken gekündigt. Kennedy warf sie vor, wissenschaftliche Arbeit zu zensieren, Entscheidungsprozesse zu politisieren und Fachleute ihrer Unabhängigkeit zu berauben.

Kennedys Impfgremium tagt heute und morgen

Die Auseinandersetzung zwischen Monarez und Kennedy war auch wegen einer anstehenden Sitzung des Impfgremiums Advisory Committee on Immunization Practices (ACIP) eskaliert. Diese findet heute und morgen statt. Erwartet werden Einschränkungen oder gar Rücknahmen bestehender Empfehlungen zu COVID-19, Hepatitis B, MMRV und RSV.

Das Gremium hat eine beratende Funktion für die CDC, die die Impfempfehlungen letztlich ausspricht. In der Vergangenheit folgte die Behörde dem Rat der Fachleute in der Regel.

Kennedy hatte vor einigen Monaten allerdings alle früheren ACIP-Mitglieder in einem beispiellosen Vorgang entlassen. Viele der Neuberufenen teilen seine Einstellungen. Der Minister hatte in der Vergangenheit etwa die Zahl der Routineimpfungen für Kinder als zu hoch kritisiert und deren Sicherheit angezweifelt.

Der Stellenwert von ACIP-Empfehlungen in den USA, etwa als Richtschnur für die Kostenerstattung durch Krankenversicherungen, bröckelt bereits. Mehrere US-Bundesstaaten haben Maßnahmen angekündigt, um den Zugang zu Impfstoffen auch in Zukunft zu sichern, etwa mittels eigener Impfempfehlungen. Das Deutsche Ärzteblatt berichtete.

Ein großer Verband der US-Krankenversicherungsbranche, AHIP, kündigte zudem in dieser Woche an, sich bei der Kostenübernahme vorerst weiter nach den ACIP-Empfehlungen zu richten, die bis zum 1. September 2025 galten. Bis Ende 2026 müssten Patienten nicht mit einer Selbstbeteiligung rechnen. Das gelte auch für aktualisierte COVID-19- und Grippeimpfstoffe. Der evidenzbasierte Ansatz für die Kostenübernahme von Impfungen bleibe unverändert.

dpa/ggr

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