Experten beklagen hohe Zahl verordneter Antidepressiva

Berlin – Experten beklagen die hohe Zahl an verordneten Medikamenten gegen Depression in Deutschland. Zuletzt seien sieben Mal so viele Antidepressiva verordnet worden wie noch vor 25 Jahren, erklärte die Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM) heute in Berlin anlässlich des Europäischen Depressionstags am Montag. Die Menge der Medikamente würde ausreichen, um 3,8 Millionen Menschen das ganze Jahr über mit Tabletten zu versorgen, hieß es.
Gleichzeitig würden aber nur bei jedem fünften bis sechsten Versicherten, der Antidepressiva verordnet bekomme, auch psychotherapeutische Verfahren abgerechnet, sagte der Gesundheitsforscher Gerd Glaeske vom Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik der Universität Bremen. Er stützt sich auf Daten der gesetzlichen Krankenversicherung.
Diese „starke Dominanz der Medikamente“ entspreche nicht der aktuellen Leitlinie zur Behandlung von Depressionen, erklärte die DGPM. Bei leichten Formen der Krankheit seien Antidepressiva grundsätzlich nicht vorgesehen. Psychotherapien seien bei der Behandlung dagegen in jeder Form zu berücksichtigen, gegebenenfalls ergänzt um Medikamente.
Auffallend sei zudem, dass viele Patienten mit einer Depression gar nicht behandelt würden, kritisierte die DGPM. Umgekehrt erhielten aber auch Menschen Antidepressiva, bei denen keine entsprechende Diagnose vorliege. Kritisch sehen die Experten auch, dass rund die Hälfte der Patienten ausschließlich durch den Hausarzt behandelt werde. Es sei jedoch wichtig, möglichst früh einen Facharzt hinzuzuziehen.
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