Experten diskutieren Weiterentwicklung der Krankenhauslandschaft
Berlin – Die Krankenhauslandschaft wird sich in den kommenden zehn Jahren deutlich verändern. Probleme werden in dieser Zeit insbesondere kommunale Krankenhäuser bekommen. Diese Ansicht vertraten Experten am vergangenen Mittwoch auf dem Hauptstadtkongress in Berlin. „Es wird auch in zehn Jahren kommunale Krankenhäuser geben, aber ihre Zahl wird abnehmen“, meinte der Bremer Gesundheitssenator Hermann Schulte-Sasse. Und Sören Eichhorst vom McKinsey Hospital Institut befand: „In zehn Jahren wird die Krankenhauslandschaft eine ganz andere sein als heute.“ Es werde aber durchaus noch öffentliche Krankenhäuser geben.
Dass dies wichtig sei, betonte Joachim Bovelet von der Regiomed-Kliniken GmbH, einem kommunalen Krankenhausträger aus Franken: „Ich bin grundsätzlich der Auffassung, dass es kommunale Krankenhäuser geben sollte – und zwar trotz der desaströsen politischen Begleitung.“ Wichtig sei allerdings, dass sich kommunale Häuser stärker in Verbünden organisierten. „Ein Markt alleine in privater Hand funktioniert nicht“, meinte Bovelet „Wenn alles in privater Hand wäre, hätte ich die Angst, dass nur noch gemacht werden würde, was wirtschaftlich ist.“
„Jeder Defizitausgleich durch die Kommunen ist verschwendetes Geld“
Dem widersprach Michael Philippi von der privaten Sana Kliniken AG: „Der Staat hat zwar die Daseinsvorsorge. Aber es gibt keine Begründung dafür, dass er alles selbst machen muss.“ Apotheker, Ärzte und Industrieunternehmen seien schließlich auch nicht staatlich organisiert. Und wer halte denn vielfach die Versorgung in ländlichen Regionen aufrecht? Dies seien vor allem Krankenhäuser in privater Trägerschaft. Philippi kritisierte zudem, dass viele Kommunen defizitäre Krankenhäuser bezuschussten, damit sie nicht insolvent würden. „Wenn kommunale Krankenhäuser den Umbruch nicht bewältigen können, gibt es auch keine Begründung, dieses Defizit aus Steuermitteln abzumildern“, betonte er.
Diese Ansicht vertrat auch Schulte-Sasse: „Jeder Defizitausgleich durch die Kommunen ist verschwendetes Geld. Alle Kommunen, die nicht in der Lage sind, ihre Krankenhäuser ohne Defizit zu führen, müssen das Krankenhaus entweder abgeben oder gucken, was sie falsch machen.“ Oft komme dann dabei heraus, dass sich Politiker im Aufsichtsrat zu kleinteilig und kiezbezogen in das operative Geschäft einmischten.
„Die Politik muss lernen loszulassen oder zumindest mehr zulassen, dass Geschäftsführer, die etwas können, einen größeren Handlungsrahmen bekommen, um erfolgreich sein zu können“, meinte auch Bovelet.
Dass Aufsichtsräte von kommunalen Krankenhäusern unpolitisch handelten, könne es überhaupt nicht geben, meinte hingegen Philippi. Denn es sei Teil ihrer Arbeit, dass sie politische Entscheidungen treffen müssten.
„Eine zwingende Notwendigkeit für die Existenz öffentlicher Häuser sehe ich nicht“
„Eine zwingende Notwendigkeit für die Existenz öffentlicher Krankenhäuser sehe ich nicht“, bekannte Schulte-Sasse. „Mit einer Ausnahme: wenn sich andere Anbieter aus bestimmten Versorgungssegmenten zurückziehen, diese aber als bedarfsnotwendig angesehen werden.“ Bei der Qualität der Krankenhausversorgung gebe es zwischen den Trägergruppen in jedem Fall keine relevanten Unterschiede.
„Die Trägervielfalt ist ein hohes Gut“, meinte hingegen Bovelet. Und auch Sören Eichhorst von McKinsey erklärte: „Ich bin viel international unterwegs. Im Ausland wird die Pluralität der Trägerschaft in Deutschland sehr positiv gesehen.“
Arbeiten Ärzte lieber bei kommunalen oder privaten Trägern?
Kontrovers diskutiert wurde auch, bei welchen Trägern Ärztinnen und Ärzte lieber arbeiten. „Ich glaube, Ärzte gehen lieber zu öffentlichen Träger“, meinte der frühere Vorstandsvorsitzende der Techniker Krankenkasse, Norbert Klusen. Ihn wundere es ohnehin, „dass es die privaten Krankenhausträger nicht geschafft haben, eine wirklich gute Marke aufzubauen.“ So glaubten viele Patienten, sie würden bei den privaten nicht so gut behandelt, weil die ja Gewinne machen müssten.
„Ich glaube nicht, dass Ärzte sich bei kommunalen Krankenhäusern wohler fühlen“, entgegnete Wolfgang Pföhler vom Deutschen Krankenhausinstitut. Pföhler war früher Vorstandsvorsitzender der Rhön Klinikum AG. Es gebe auch weiterhin eine Tendenz zur Privatisierung von Krankenhäusern, fügte er hinzu, aber die Privatisierung gehe nicht so schnell voran, wie noch vor zehn Jahren erwartet worden sei. „Wichtig für alle Krankenhäuser ist die Akzeptanz des ökonomischen Denkens“, meinte er. „Dabei geht es um das medizinische Ergebnis, die Patientenorientierung und die Effizienz. Private Träger haben hier eine stärkere Tendenz, diesen ökonomischen Gedanken zu akzeptieren.“
„Ich sehe große Probleme bei den freigemeinnützigen Krankenhäusern"
Diese Meinung vertrat auch Eichhorst. „Es gibt noch eine ganze Reihe von Hebeln, die viele Krankenhäuser bisher noch nicht bedient haben“, sagte er. Die privaten Träger seien dabei zwar heute besser aufgestellt, aber auch bei ihnen gebe es noch Verbesserungspotenziale – zum Beispiel bei der Kommunikation an der Schnittstelle zwischen medizinischen und nicht-medizinischen Bereichen
„Für die Zukunft sehe ich ein großes Problem eher bei den freigemeinnützigen Krankenhäusern“, meinte Bovelet abschließend. „nämlich dann, wenn die großen Orden dem Ende zu gehen.“ Private Träger würden so lange dazukommen, wie ihre Renditevorstellungen einigermaßen erreichbar seien. Dass dies langfristig auf dem heutigen Niveau möglich sei, bezweifelte er aber.
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