Politik

Experten fordern mehr Mittel für die Versorgungsforschung

  • Donnerstag, 20. Oktober 2011

Köln – Mehr Mittel für die Versorgungsforschung hat der Vorsitzende des Deutschen Netzwerks Versorgungsforschung (DNVF), Holger Pfaff, gefordert. Zwar habe die deutsche Versorgungsforschung inzwischen Anschluss an die internationale Entwicklung gefunden. „Wenn wir aber die großen Fragen wie den Nutzen von Disease-Management-Programmen analysieren wollen, brauchen wir mehr Geld“, sagte Pfaff im Vorfeld des 10. Deutschen Kongresses für Versorgungsforschung, der heute in Köln begann. Im Mittelpunkt der Veranstaltung, die bis zum 22. Oktober dauert, steht die Arzneimittelversorgung.

Arzneimittel seien faktisch das Hauptstandbein der Therapie in der Medizin, begründete Sebastian Harder, 1. Vorsitzender der Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie, die Themenwahl für den Kongress, den seine Gesellschaft zusammen mit der DNVF veranstaltet. Man wolle vor allem drei Kernaspekte diskutieren: die Nutzenbewertung von Arzneimitteln, die Vermeidung von Arzneimittelrisiken sowie die Möglichkeiten der personalisierten Medizin.

„Was kommt beim Patienten an?“ Diese Frage zu beantworten, sei das Ziel der Versorgungsforschung, betonte Edmund Neugebauer, 2. Vorsitzender des DNVF. „Nach der Epoche des Chefarztes und der Epoche der Ökonomie stehen wir vor der Epoche des Patienten.“
Studien zeigten, dass die Einbeziehung von Patienten in die Entscheidung über ihre Gesundheitsversorgung das Arzt-Patienten-Verhältnis und die Qualität der Versorgung verbesserten. Damit Arzt und Patient aber auf Augenhöhe gemeinsame Therapieentscheidungen treffen könnten, „müssen wir den Patienten kompetenter machen“, forderte Neugebauer. „Dazu brauchen wir evidenzbasierte Patienteninformationen.“

Dass sich die Qualität der Gesundheitsversorgung verbessern muss, belegte DNVF-Hauptgeschäftsführer Gerd Glaeske anhand von Beispielen der Unter-, Über- und Fehlversorgung mit Arzneimitteln. „Noch immer werden Kinder mit Atemwegsinfektionen oder Mittelohrentzündung voreilig mit Antibiotika behandelt“, kritisierte Glaeske.

„In keiner Lebensphase bekommen Patienten so viele Antibiotika verordnet wie im Alter bis zum 18. Lebensjahr.“ Die meisten dieser Infekte seien jedoch viral bedingt, die Therapie mit Antibiotika sei daher eine Fehlverordnung mit der Folge, dass Resistenzen zunähmen. Dagegen würden Patienten mit Demenz häufig unterversorgt.

Sie erhielten viel zu selten Arzneimittel, die das Fortschreiten der Erkrankung verzögern könnten. Stattdessen erhielten viele demente Patienten Neuroleptika, obwohl die Präparate bei dieser Patientengruppe zu einer höheren Sterblichkeit führten.

Den hohen Stellenwert der Versorgungsforschung für die Krankenkassen hob der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Barmer GEK, Rolf-Ulrich Schlenker, hervor. „Unser Ziel ist die bedarfsgerechte Verteilung knapper Ressourcen“, sagte Schlenker. „Dafür brauchen wir Transparenz.“ Die Versorgungsforschung liefere unverzichtbare Daten, um die medizinische Versorgung im Sinne der Patienten zu optimieren.

HK

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