Experten für bessere Datenbasis bei coronabedingten Hospitalisierungen

Köln – Eine deutliche Verbesserung der Datenlage bezüglich der coronabedingten Hospitalisierungen und Intensivpatienten in Deutschland forderten gestern Reinhard Busse, Leiter des Fachgebiets Management im Gesundheitswesen der TU Berlin, und Andreas Schuppert von der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (RWTH).
Im Rahmen einer Gesprächsrunde des Science Media Center (SMC) verwies Busse, Mitglied des Fachbeirates des Bundesgesundheitsministeriums (BMG), darauf hin, dass sich diesbezüglich der vorhandenen Datenqualität und -aktualität bislang politisch bedauerlicherweise wenig getan habe.
Dem stimmte Schuppert zu – insbesondere mit Blick auf die kommende Herbst/Wintersaison müssten noch Verbesserungen umgesetzt werden. Der derzeitige Stand reiche „bei weitem“ nicht aus, wolle man Hospitalisierungsdaten statt der Inzidenzen zum maßgeblichen Maßstab bei dem Umgang mit der Coronapandemie machen.
Wie beide Experten erläuterten, könne man künftig aufgrund der fortschreitenden Impfkampagne mit im Vergleich zu früheren Coronawellen einer relativ geringeren Belastung der Krankenhäuser rechnen. Busse verwies auf die Beispiele Großbritannien und Niederlande. Dort gebe es bei aktuell sehr hohen Inzidenzen „viel weniger“ Krankenhausaufenthalte.
So läge die Quote in Großbritannien derzeit nur bei etwa zwei Prozent, in der Coronawelle rund um den Jahreswechsel seien es noch sieben Prozent gewesen. Auch in den Niederlanden sei die Hospitalisierungsquote bei den aktuellen Rekordinzidenzen etwa um den Faktor 3 geringer.
Schuppert stellte mathematische Modellierungen zu „verkraftbaren“ Inzidenzen auch für Deutschland vor. Demnach könne man davon ausgehen, dass bei der derzeitigen Impfquote bereits eine Reduktion der Hospitalisierungen um den Faktor 2,5 bis 3 erreicht werde. Bei entsprechend hohen Impfquoten jenseits der 85-Prozentmarke ließe sich dieser Faktor laut der Berechnungen noch deutlich bis an den Wert 10 steigern.
Allerdings, so mahnte Schuppert, liege die Impfquote in Deutschland bei den besonders vulnerablen Gruppen noch weit hinter beispielsweise der in Großbritannien. Die Anzahl der Ungeimpften mit erhöhtem Risiko für einen schweren Verlauf einer Coronainfektion sei „erschreckend groß“.
Da es aber auch bei vorwiegend in jüngeren Altersgruppen laufenden hohen Inzidenzwellen zu einem Überspringen auf Ältere kommen könne, sei eine Inanspruchnahme der COVID-Schutzimpfungen sehr wichtig – so der Appell Schupperts.
Bereits jetzt sei aber die Entwicklung einer „eigenständigen Welle“ innerhalb der höheren Altersgruppen, etwa in Pflegeheimen, seiner Einschätzung nach eher unwahrscheinlich.
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