Experten nennen Maßnahmen zur Bekämpfung des Pflegemangels

Berlin – Wie kann es gelingen, den aktuellen Pflegemangel zu bekämpfen? Im politischen Berlin wird derzeit keine Frage häufiger gestellt. Auf einer Veranstaltung der Deutschen Krebsgesellschaft versuchten Experten, Antworten zu finden. „Wir müssen den Pflegeberuf für junge Menschen attraktiv machen“, sagte Bernd Metzinger von der Deutschen Krankenhausgesellschaft. „Aber da beißt sich die Katze in den Schwanz: Man muss die Pflegekräfte entlasten, indem man neue Pflegekräfte einstellt. Die bekommt man aber nur, wenn man die Pflegenden entlastet hat.“ In jedem Fall müsse man aufhören, die Pflege so negativ darzustellen.
„Wie wollen wir die jungen Leute denn motivieren?“, fragte Kerstin Paradies von der Deutschen Krebsgesellschaft. „Ich habe versucht, meine Tochter für den Beruf zu interessieren. Sie hat geantwortet, wenn sie einen kaputten Rücken haben und wenig Geld verdienen wolle, würde sie in die Pflege gehen. Sonst nicht. Dabei ist es ein toller Beruf. Viele Pflegende sagen mir, es sei das Schönste, was man machen kann.“
„Wir Pflegenden haben versäumt, uns zu positionieren“
Es sei jedoch ein Problem, dass sich die Rahmenbedingungen in der Pflege verschlechtert hätten, zum Beispiel durch die Dokumentationspflichten. „Viele Pflegende haben durch die Dokumentation nicht mehr die Zeit, die sie für die Pflege der Patienten bräuchten“, sagte Paradies. „Das nimmt ihnen den Spaß am Job.“ Dafür seien aber nicht nur die Politiker und die Krankenhausgeschäftsführer verantwortlich zu machen. „Wir Pflegenden haben auch versäumt, uns in den letzten Jahren zu positionieren“, meinte sie.
Metzinger sprach von Maßnahmen, mit denen Pflegende im Krankenhaus entlastet werden könnten, zum Beispiel mit der Hilfe von Technik. Oder durch die Schaffung eines neuen Pflegeassistenzberufs mit einer zweijährigen Ausbildung. „Dann könnte die Pflege Aufgaben delegieren – und zwar an gelernte Assistenzberufe und nicht an ungelernte“, so Metzinger.
Paradies meinte, es gebe genügend gelernte Krankenschwestern, die einmal in Vollzeit gearbeitet und ihre Arbeitszeit dann verkürzt hätten. „Wenn wir die motivieren könnten zurückzukommen, mit einem besseren Gehalt und anderen Aufgaben, könnten wir kleine Löcher schon stopfen.“
„Pflege ist mehr, als Stürze und Dekubiti zu verhindern“
Eine Rolle spiele in diesem Zusammenhang auch die Qualität der Pflege, meinten die Experten. „Man muss einmal definieren, welche Qualität wir in der Pflege haben wollen“, sagte die Pflegewissenschaftlerin Karen Pottkämper von der Akkon-Hochschule für Humanwissenschaften in Berlin. „Und das ist mehr, als nur unerwünschte Ereignisse zu verhindern.“ Denn dabei wären die weichen Faktoren nicht berücksichtigt. „Den Patienten ihre Angst zu nehmen, gerade in der onkologischen Pflege, ist zentral für die Qualität“, sagte sie, „ebenso wie das Wohlbefinden der Patienten und ihre Zufriedenheit. Das Problem ist, dass wir dazu keine Daten haben. Stürze und Dekubiti kann man messen.“ Aber die Pflege sei mehr, als Stürze und Dekubiti zu verhindern.
Paradies kritisierte, dass viele Krankenhäuser das Bringen der Mahlzeiten zu den Patienten an Firmen außerhalb des Krankenhauses outgesourced hätten. „Die Mitarbeiter dieser Firmen stellen das Essen ins Zimmer und holen es nach 30 Minuten wieder ab“, meinte sie. „Da schüttelt aber keiner mal das Kissen auf oder schneidet das Fleisch klein, wenn die Patienten es sonst nicht essen können. Da wird nicht einmal geschaut, ob das Essen überhaupt angerührt wurde.“
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