Sterbehilfe: Kritik an Referentenentwurf

Berlin – „Erst soll die gewerbsmäßige Sterbehilfe verboten werden, und dann will das Justizministerium die gesetzlichen Grundlagen für Ärzte als Sterbehelfer schaffen. Aber unsere Position ist klar: Als Sterbehelfer stehen wir Ärzte nicht zur Verfügung.“ Mit diesen Worten hat Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), einen Referentenentwurf aus dem Bundesjustizministerium (BMJ) zur „Strafbarkeit der gewerbsmäßigen Förderung der Selbsttötung“ kommentiert.
In dem Entwurf, der dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt, wird vorgeschlagen, einen neuen Straftatbestand im Strafgesetzbuch einzufügen. Damit soll die gewerbsmäßige Förderung der Selbsttötung unter Strafe gestellt werden. Konkret ist von einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe die Rede. Angehörige oder andere Personen, die einem Suizidwilligen nahestehen und die sich „lediglich als nicht gewerbsmäßig handelnde Teilnehmer an der Tat beteiligen“, sollen von der Strafandrohung ausgenommen werden, heißt es weiter.
Zur Erläuterung wird ausgeführt: „Die Norm stellt die Straflosigkeit der Selbsttötung und der Beihilfe dazu, die nicht gewerbsmäßig erfolgt, nicht infrage. Wer – zum Beispiel, um einem oder einer todkranken Angehörigen Hilfestellung zu geben – allein aus Mitleid Hilfe zur Selbsttötung leistet, wird nicht erfasst.“ Angehörige von Heilberufen, die in Krankenhäusern, Hospizen oder anderen palliativmedizinischen Einrichtungen Sterbende betreuen, sollen grundsätzlich nicht unter den geplanten Strafrechtsparagrafen fallen.
Zur Begründung heißt es, die Hilfe zum Suizid entspreche anders als der gerechtfertigte Behandlungsabbruch oder die sogenannte indirekte Sterbehilfe nicht dem Selbstverständnis dieser Berufe und werde grundsätzlich nicht gewährt. Im Referentenentwurf wird ausdrücklich auf die Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung und die Beschlüsse des Deutschen Ärztetags von 2011 verwiesen.
Werde von einem Angehörigen der Heilberufe gleichwohl im Einzelfall Hilfe zur Selbsttötung gewährt, „geschieht dies typischerweise gerade nicht gewerbsmäßig“, argumentiert das BMJ zudem. Zum Personenkreis, der im Einzelfall nicht bestraft werden soll, könnten dem Entwurf zufolge „Lebensgefährten, langjährige Hausgenossen oder nahe Freunde“ zählen.
Ärzte und Pflegekräfte seien dazu zu zählen, „wenn eine über das rein berufliche Verhältnis hinausgehende, länger andauernde persönliche Beziehung entstanden ist, wie dies zum Beispiel beim langjährigen Hausarzt oder einer entsprechenden Pflegekraft der Fall sein kann“.
BÄK-Präsident Montgomery hatte in seiner Kommentierung darauf verwiesen, dass Ärzte als Sterbehelfer nicht zur Verfügung stünden: Sie hätten Sterbenden beizustehen, es sei ihnen aber verboten, Patienten auf deren Verlangen zu töten oder ihnen Hilfe zur Selbsttötung zu gewähren. Entsprechendes sei in den Berufsordnungen der Ärztekammern klar geregelt. Festgelegt hatte sich im Frühsommer auch der diesjährige Deutsche Ärztetag: Er forderte ein generelles Verbot jeder Form von organisierter Sterbehilfe.
Innerhalb der Ärzteschaft werden jedoch unterschiedliche Positionen zur Frage diskutiert, ob es Ärztinnen und Ärzten im Einzelfall erlaubt sein soll, einem Patienten Beihilfe zum Suizid zu leisten. Das hatte eine Umfrage vom Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Bundesärztekammer 2010 ergeben.
Rund zwei Drittel lehnten eine Unterstützung in jedem Fall ab, selbst wenn sie die Beweggründe für diesen Wunsch nachvollziehen konnten. Ein Drittel gab an, unter bestimmten Umständen dazu bereit zu sein. Ein sehr großer Teil der befragten Ärzte sah allerdings seinerzeit die Gefahr, eine Regelung der Suizidbeihilfe könne dazu führen, dass Menschen sich darum bemühten, weil sie sich als Belastung für die Familie oder die Gesellschaft fühlten.
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