Fachgesellschaft drängt auf gesetzliche Regelung zur Suizidassistenz

Berlin – Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) weist daraufhin, dass die Zahl der Suizide in Deutschland angestiegen ist – auch sogenannte assistierte Suizide haben zugenommen.
„Ein Gesetz muss sicherstellen, dass Suizidbeihilfe ausschließlich Menschen angeboten wird, die diese Entscheidung aus freiem Willen getroffen haben. Menschen, deren freier Wille eingeschränkt ist – zum Beispiel aufgrund einer psychischen Erkrankung – müssen vor diesem unumkehrbaren Schritt geschützt werden“, fordert die Fachgesellschaft.
Laut einer Übersicht des Nationalen Suizidpräventionsprogramms und der Deutschen Akademie für Suizidprävention haben sich 2022 fast zehn Prozent mehr Menschen das Leben genommen als im Vorjahr. 10.119 Menschen starben durch Suizid. Auch die Zahl der assistierten Suizide stieg an: Aktuelle Forschungsdaten zeigen am Beispiel Münchens, dass sie sich von 2020 bis 2022 annähernd vervierfacht hat. Fast in allen Fällen wurde die Beihilfe durch Sterbehilfeorganisationen geleistet.
„Die Daten legen nahe, dass der Anstieg der Suizide in Deutschland zumindest teilweise auf assistierte Suizide zurückzuführen ist“, sagte Thomas Pollmächer, Past President und Vorsitzender der Kommission „Ethik und Recht“ der DGPPN.
Besonders beunruhigend sei, dass in keinem der in München analysierten Fälle Fachärzte oder Fachärztinnen für Psychiatrie hinzugezogen worden seien – auch nicht bei Betroffenen, die psychisch erkrankt waren oder bereits zuvor versucht hatten, sich das Leben zu nehmen. „Aus unserer Sicht ist das ein unhaltbarerer Zustand“, sagte Pollmächter.
Die DGPPN fordert deshalb nachdrücklich eine gesetzliche Regelung der Suizidbeihilfe. „Ein Gesetz zum assistierten Suizid muss sicherstellen, dass die Selbstbestimmungsfähigkeit der Betroffenen nicht durch eine psychische Erkrankung oder äußere Faktoren beeinträchtigt ist“, betonte der DGPPN-Präsident Andreas Meyer-Lindenberg.
Entscheidend sei, die sogenannte Freiverantwortlichkeit der Entscheidung kompetent zu beurteilen. „Betroffene, deren Freiverantwortlichkeit eingeschränkt ist, müssen unverzüglich angemessene Hilfsangebote bekommen“, so der DGPPN-Präsident.
Die Fachgesellschaft weist daraufhin, dass bis zu 90 Prozent aller Suizide im Zusammenhang mit einer psychischen Erkrankung stehen. Suizid und Suizidprävention seien deshalb zentrale Themen der Psychiatrie und Psychotherapie.
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