Fachgesellschaft erarbeitet Standards für psychiatrischen Maßregelvollzug
Berlin – Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) hat einheitliche Standards für den psychiatrischen Maßregelvollzug entwickelt. Damit will die Fachgesellschaft die Qualität der Behandlung von psychisch kranken Straftätern in der Forschung und Praxis vorantreiben und verbessern.
Neben grundlegenden rechtlichen, ethischen und strukturellen Fragestellungen geht das Papier einer interdisziplinären Task-Force der DGPPN insbesondere auf Diagnostik, Behandlung und Risikobeurteilung ein. So empfiehlt die Fachgesellschaft beispielsweise eine einheitliche Regelung zu Schweigepflichtentbindungen sowie – soweit möglich – einen Verzicht von Zwangsmaßnahmen zugunsten präventiver Instrumente wie etwa ein geordnetes Beschwerdesystem, Rückzugsmöglichkeiten sowie professionelle Teamarbeit.
Hintergrund für den Vorstoß der Fachgesellschaft sind bislang fehlende konsentierte Standards für die Behandlung von Menschen im psychiatrischen Maßregelvollzug, der Ländersache ist. So gibt es laut DGPPN beispielsweise nicht in allen Bundesländern zureichende gesetzliche Grundlagen für die Zwangsbehandlung, auch der Einsatz von Disziplinarmaßnahmen sei bundesweit nicht einheitlich geregelt. Für Gutachten zur Schuldfähigkeit und zur Legalprognose existierten hingegen bereits Mindestanforderungen.
Die Behandlung in einer forensisch-psychiatrischen Klinik im Rahmen des Maßregelvollzugs ist mit Grundrechtseinschränkungen und mit Freiheitsentzug im Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit verbunden. Das Bundesverfassungsgericht räumt der Verhältnismäßigkeit des Freiheitsentzugs dabei höchste Priorität ein.
Strenge Vorgaben
„Dies bedeutet, dass die Behandlung nur mit so wenigen Freiheitsbeschränkungen wie irgend vertretbar verbunden sein darf und gleichzeitig die Sicherheit der Allgemeinheit gewährleisten muss“, erklärte Jürgen Müller, der die neuen Standards als Leiter der zuständigen DGPPN-Task-Force mitentwickelt hat. Wissenschaftlich belastbare und in der Praxis umgesetzte bundeseinheitliche Mindeststandards für die Unterbringung und die Behandlung seien deshalb unverzichtbar.
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