Bundesverfassungsgericht setzt enge Grenzen für Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug

Karlsruhe – Das Bundesverfassungsgericht hat klare Grenzen für Zwangsbehandlungen von Patienten im Maßregelvollzug aufgezogen. Sofern nicht andere Menschen gefährdet sind, kann etwa eine medikamentöse Behandlung nicht gegen den erklärten Willen des Betroffenen – in Form einer Patientenverfügung – gerechtfertigt werden. Das geht aus einem heute in Karlsruhe veröffentlichten Beschluss hervor. (Az. 2 BvR 1866/17 u.a.)
Der Senat gab zwei Verfassungsbeschwerden teilweise statt, die sich gegen Gerichtsentscheidungen richteten, mit denen die Einwilligung in eine Zwangsbehandlung in einem psychiatrischen Krankenhaus und im Maßregelvollzug mit Neuroleptika erteilt worden war.
Die Fachgerichte hätten dabei der Bedeutung der Grundrechte unzureichend Rechnung getragen. Die Beschlüsse wurden zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.
Der Betroffene hatte mehrfach schriftlich erklärt, dass er für sich die Behandlung mit Neuroleptika, die in der Regel zur Behandlung von Psychosen genutzt werden, ablehnt. Der Mann rügte in Karlsruhe eine Verletzung seines Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit und seiner Menschenwürde. Der Senat entschied, der Grundrechtseingriff durch die Zwangsbehandlung eines Inhaftierten wiege schwer.
Das Bundesverfassungsgericht kritisierte, dass die Fachgerichte die staatliche Pflicht zum Gesundheitsschutz über eine wirksame Patientenverfügung gestellt hätten.
Dies wäre nur dann möglich, wenn die Rechte Dritter betroffen gewesen wären – etwa weil sie im Maßregelvollzug tätlichen Angriffen durch den Mann hätten ausgesetzt sein können. Dies hätte einen Eingriff in die Grundrechte des Mannes rechtfertigen können.
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