Fachgesellschaft sieht künftige Versorgung von Diabetespatienten gefährdet

Berlin – Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) sieht die Versorgung von Diabetespatienten gefährdet. Dies wurde gestern bei der Jahrespressekonferenz des Verbandes in Berlin deutlich. Sorgen bereiten der DDG vor allem die sinkende Anzahl der Fachkräfte bei einem gleichzeitigen Anstieg der Diabetespatienten und die Krankenhausreform.
80 Prozent der Krankenhäuser würden rote Zahlen schreiben und viele vor der Insolvenz stehen, sagte Andreas Fritsche, Präsident der DDG. Dies gefährde die Versorgung von Diabetespatienten in der Fläche. Bei der Krankenhausreform sei zudem die Bedeutung der Diabetologie nicht ausreichend beachtet worden.
Viele Krankenhäuser würden im Rahmen der neuen Reform zu hochspezialisierten Zentren, etwa für Knie- oder Hüftoperationen. Die Diabetesabteilungen in den Kliniken müssten hingegen breiter aufgestellt werden, als es derzeit für die Leistungsgruppe geplant sei und als „versorgende und vorsorgende Medizin“ ausgebaut werden, betonte Fritsche.
Grund sei unter anderem die Vielzahl an Patienten. Nach Angaben des Verbandes gibt es in Deutschland rund neun Millionen Menschen mit einer Diabeteserkrankung, von denen rund drei Millionen jährlich im Krankenhaus behandelt werden. „Wir sehen hier noch Ausformungsbedarf, ähnlich wie es auch die Krebsgesellschaft für die onkologische Leistungsgruppe sieht“, so der Präsident der DDG.
Zudem benötige man mehr Fachkräfte, die die steigende Anzahl an Diabetespatienten sowohl stationär als auch ambulant versorgen könnten. „Wir brauchen diabetologische Expertise und die Behandlungsteams, die sehr gut etabliert sind an diesen Zentren“, sagte Fritsche.
Wichtig ist dem Präsidenten zufolge, dass im Zuge der Reform nicht zu viele dieser Zentren schließen müssten oder wichtige Stellen, wie etwa die der Diabetesberater, abgebaut würden. Dies sei auch für die Ausbildung zukünftiger Diabetologen und diabetologischer Fachkräfte essenziell, die einen Ausbildungsort benötigten.
Die spezialisierte Versorgung werde gebraucht, bekräftigte auch Julia Szendrödi, Vizepräsidentin der DDG. Diabeteserkrankungen seien oft komplex, könnten mit Folgeerkrankungen einhergehen und bräuchten eine spezielle Koordination. Besonders vulnerable Gruppen seien darauf angewiesen.
Problem bei der Anzahl der Fachkräfte sei oft eine fehlende Finanzierung. „Wir brauchen mehr gegenfinanzierte Fachkräfte, die sich um die Menschen mit Diabetes kümmern können“, sagte sie. „Die sprechende Medizin ist sehr wichtig in diesem Bereich, in dem es um Prävention und Motivation der Patienten geht“. Die Patienten müssten lernen, wie sie mit der Erkrankung umgehen könnten.
Auch in der Präventionspolitik müsse sich endlich etwas tun, bekräftigte Barbara Bitzer, Geschäftsführerin der DDG. „Wir können es uns einfach nicht länger leisten, abzuwarten und nur auf Appelle zu setzen – wir müssen endlich mehr Verhältnisprävention wagen, um alle Menschen mitzunehmen“. Es liege in der Hand der neuen Bundesregierung, die Präventionspolitik neu auszurichten.
Mit Blick auf die Bundestagswahl hat die DDG mit 22 wissenschaftlichen Fachgesellschaften einen Sechs-Punkte-Plan zur besseren Prävention gegen Diabetes erarbeitet. Dieser sieht unter anderem eine Herstellerabgabe auf gesüßte Getränke vor, die Produzenten zu weniger zuckerhaltigen Rezepten bewegen soll. Ebenso wünscht sich Bitzer verbindliche und deutlich sichtbare Nutriscore-Angaben auf der Vorderseite aller Produkte.
Als Vorreiter nannte sie Großbritannien, wo Getränkehersteller zwischen 2015 und 2021 den Zuckergehalt ihrer Produkte um 30 Prozent reduziert hätten. In Chile gebe es inzwischen Warnhinweise vor besonders viel Fett, Zucker und Salz auf Lebensmitteln.
Zudem seien auf Verpackungen weniger Comicfiguren zu sehen, die sich an Kinder richteten, so die Geschäftsführerin der DDG. Die TV-Werbung gesundheitsschädlicher Produkte sei auf den späteren Abend verlegt worden. Freiwillige Maßnahmen zur Zuckerreduktion seien dagegen wenig erfolgreich, sagte Bitzer.
Die politisch Verantwortlichen müssten auch künftig immer wieder in die Pflicht genommen und auf Veränderungen hingewiesen werden, „damit wir nicht nach vier Jahren wieder am selben Punkt stehen wie jetzt und eigentlich auf eine Präventionswüste gucken“, betonte Bitzer abschließend.
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