Fachgesellschaft warnt vor möglichem Parkinson-Risiko durch Umweltgifte

Berlin – Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) empfiehlt, bei der Suche nach den Auslösern von neurodegenerativen Alterserkrankungen wie Morbus Parkinson verstärkt Umweltfaktoren in den Blick zu nehmen.
„Seit Jahren nehmen Hinweise zu, dass bei der Entstehung der Parkinson-Krankheit auch Umweltfaktoren, insbesondere Schadstoffe oder Umwelttoxine, beteiligt sein können“, teilte die Fachgesellschaft auf ihrem Jahrestreffen Mitte November in Berlin mit.
Inzidenz und Prävalenz der Parkinson-Erkrankung nehmen bekanntlich zu – eine Ursache dafür ist der demografische Wandel, der generell zu einer Zunahme altersassoziierter Erkrankungen führt. „Jedoch ist die Zunahme von Parkinson überproportional, also deutlich stärker als allein durch die Überalterung der Gesellschaft erklärt werden kann“, hieß es aus der DGN.
Dass Partikelschadstoffe aus der Luft und andere Umwelttoxine sich auf das Nervensystem auswirken, ist laut DGN unumstritten. Aber langfristige Folgeschäden von Umwelttoxinen seien häufig schwer nachweisbar. Seit längerer Zeit werde beispielsweise die Rolle des industriellen Lösungsmittels Trichlorethylen (TCE) bei der Entstehung des Morbus Parkinson diskutiert.
Im Fokus stünden außerdem Organophosphor-Verbindungen – das sind Pestizide – bei der Entstehung neurodegenerativer und neurologischer Entwicklungsstörungen. Hier könnten Zusammenhänge mit der Parkinson-Krankheit bestehen, aber auch mit der Alzheimer-Krankheit, der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung, Autismus und anderen entwicklungsbedingten Neurotoxizitäten.
„Die mögliche Bedeutung von Pestiziden für die Zunahme von neurodegenerativen Erkrankungen wie Parkinson wird bei der derzeitigen europaweiten Diskussion bezüglich der Reduktion der Pestizidbelastung und des Glyphosat-Verbots zu wenig berücksichtigt“, kritisierte die Kongresspräsidentin Daniela Berg, Kiel. Sie wies darauf hin, dass bestimmte Pestizide in der neurologischen Forschung verwendet würden, um in Tiermodellen die Krankheit auszulösen.
Für viele Pestizide sei außerdem ein direkt toxischer Effekt auf das Nervensystem nachgewiesen. „Es besteht gerade angesichts der rapiden steigenden Zahl der Parkinson-Erkrankungen ein dringender Bedarf, den möglichen Beitrag von Pestiziden weiter zu erforschen und in die aktuellen Diskussionen mit einzubeziehen“, so Berg.
Die Liste der Substanzen, die darüber hinaus im Fokus stehen, ist laut der DGN lang: Darunter sind neben Feinstaub, Pestiziden, Lösemitteln, neurotoxischen Metallen wie Mangan, Blei, Quecksilber und Cadmium auch Mikroplastik und Nanopartikel, Mineralöle, chemische Weichmacher und Bisphenol A.
„Es sollte dringend in Forschung investiert werden, die die Zusammenhänge von Umwelttoxinen und neurodegenerativen Erkrankungen wie Parkinson aufdeckt und die krankheitsbedingenden Mechanismen aufklärt“, so die DGN-Expertin.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: