Fachgesellschaften fordern bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen mehr Fokus auf Prävention

Berlin – Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) fordert einen anderen Fokus für die Initiative des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) gegen Herz-Kreislauf- und andere nicht übertragbare Erkrankungen. Ein zentraler Aspekt ist aus Sicht der DEGAM, dass die Politik zu sehr auf die Früherkennung fokussiere und zu wenig Gewicht auf die Prävention lege.
„Wir haben bereits zu einem viel früheren Zeitpunkt effektive Hebel. Hierzu zählen beispielsweise ein Werbeverbot für Tabakprodukte und ungesunde Lebensmittel oder die Zuckersteuer“, verdeutlichte der Präsident der Fachgesellschaft Martin Scherer.
Wichtig sei außerdem, alle angedachten Maßnahmen auf ihre Evidenzbasierung zu prüfen: „Angesichts des sich bereits jetzt schon aufbauenden Mangels an ärztlichen Praxen muss jede zusätzliche Leistung ganz besonders hinsichtlich ihrer Effektivität geprüft werden“, heißt es in einer Stellungnahme der Fachgesellschaft.
Aus allgemeinmedizinischer Sicht sind neben der verstärkten Primärprävention unter anderem eine Förderung der hausarztzentrierten Versorgung wichtig und die Einführung eines Primärarztsystems zur Reduktion von Über-, Unter- und Fehlversorgung. Außerdem müsse die Allgemeinmedizin in Aus- und Weiterbildung weiter gestärkt werden, so die Forderung.
Einen starken Fokus auf die Prävention regt auch die Deutsche Gesellschaft für Öffentliches Gesundheitswesen (DGÖG) an – geht dabei aber über individuelle Lebensstiländerungen des Einzelnen hinaus. Vielmehr seien Lebensweltmaßnahmen zum Beispiel in Kindergärten, Schulen und Betrieben ebenfalls sehr wichtig.
„Wer mehr Gesundheit in Deutschland erreichen möchte, muss Gesundheit und Gesundheitsförderung in allen Politikfeldern berücksichtigen, zum Beispiel bei der Städteplanung, der Landwirtschaft und vielem mehr. ‚Health in all policies‘ lautet das Stichwort“, sagte die DGÖG-Vorsitzende Susanne Pruskil.
Kritik an den BMG-Plänen übt unterdes der Verband „Akkreditierte Labore in der Medizin“ (ALM). Dabei geht es um die Ankündigungen Apotheken in die Prävention wichtiger Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus und Fettstoffwechselstörungen stärker einzubeziehen.
„Der Minister glaubt, dass der Zugang zu Präventionsleistungen über einen neuen, weiteren niedrigschwelligen Zugang für breite Teile der Bevölkerung in den Apotheken notwendig ist, um die Inanspruchnahme zu erhöhen“, sagte der erste ALM-Vorsitzende Michael Müller. Dies sei aber nicht erforderlich, denn die Früherkennung von wichtigen Stoffwechselerkrankungen gehöre in die Hand der Ärzteschaft und nicht in die Apotheke.
Der Vorschlag von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte bereits für scharfe Kritik gesorgt – unter anderem seitens der Bundesärztekammer (BÄK), des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes und des Hartmannbundes. Apotheken seien „keine ‚Arztpraxen to go‘“, betonte BÄK-Präsident Klaus Reinhardt.
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