Ärzteschaft

Fachgesellschaften unterstützen Initiative zur Widerspruchslösung bei der Organspende

  • Mittwoch, 12. Juni 2024
/mpix-foto, stock.adobe.com
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Berlin – Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie e.V. (DGCH) und die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) begrüßen den erneuten Anlauf im Bundesrat zur Einführung einer Widerspruchslösung bei der Organspende. Das elektronische Organspenderegister reiche nicht aus, um die gewünschte Steigerung der Spendenzahlen zu erreichen.

„Wir brauchen eine Kultur der Organspende, wie sie in anderen europäischen Nachbarländern existiert, aus denen wir Organe zur Transplantation importieren“, fordert DGCH-Präsidentin Christiane Bruns, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral-, Tumor- und Transplantationschirurgie der Universität Köln. Die Widerspruchslösung gebe jedem Menschen die Möglichkeit, anderen nach dem eigenen Tod zu helfen.

Wegen der massiven Lücke zwischen Spenderorganen und Personen, die ein solches benötigen, bezieht Deutschland über die internationale Vermittlungsstelle Eurotransplant aus den europäischen Nachbarländern wie Frankreich, Italien, Österreich, den Niederlanden oder Spanien Organe – in der Mehrheit dieser Länder gebe es bereits eine Widerspruchslösung.

„Dieses Missverhältnis ist nicht hinnehmbar, das sollten wir ändern“, betont Bruns und Thomas Schmitz-Rixen, DGCH-Generalsekretär, erklärt: „Die Beschäftigung mit diesem Thema, mit der Entscheidung pro oder contra Organspende, ist durchaus zumutbar und nimmt den Druck von den Angehörigen.“

Deutschlandweit würden immer noch etwa 8.000 Patientinnen und Patienten auf ein Spenderorgan warten, von denen täglich drei auf der Warteliste versterben. 2023 wurden in Deutschland nur knapp 2.900 Organe von 965 Personen gespendet.

Bis zum 10. Juni hätten sich bereits 127.000 Menschen mit einer Erklärung zur Organspende in das elektronische Organspenderegister eingetragen. „Das klingt gut, ist aber längst nicht ausreichend und wird vermutlich nicht zum gewünschten Erfolg führen“, sagt Schmitz-Rixen.

Auch die DGfN begrüßt die von Nordrhein-Westfalen ausgegangene Initiative im Bundesrat. „Die Widerspruchlösung ist das wichtigste und effektivste Instrument, um das bestehende Potential möglicher Organspenden besser zu nutzen“, sagt DGfN-Präsident Martin K. Kuhlmann.

Es scheine mittlerweile auch in der Politik eine wachsende Unterstützung für eine klar geregelte Widerspruchslösung zu geben. Bereits im Jahr 2020 hatte eine Initiative zur Einführung einer Widerspruchslösung im Bundestag keine Mehrheit gefunden. Die Stimmung habe sich in den vergangenen vier Jahren deutlich gewandelt. „Der jetzt in den Bundesrat eingebrachte Antrag zur Änderung des Transplantationsgesetzes ist ein Schritt in diese Richtung“, unterstreicht Kuhlmann.

Auch er verweist darauf, dass Deutschland von den Regelungen in Nachbarländern profitiere, ohne seinerseits eine entsprechende Menge an Organen abzugeben. Deshalb könne die Einführung einer Widerspruchslösung nicht nur innerhalb Deutschlands, sondern auch international ein Zeichen von Solidarität und gesellschaftlichem Zusammenhalt aussenden.

Weitere Zustimmung kommt von der Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL). „Die Initiative des Landes NRW ist nicht nur sehr begrüßenswert, sondern dringend notwendig“, sagt ÄKWL-Präsident Johannes Albert Gehle. Er sei für jeden sinnvollen Weg zur Steigerung der Spenderzahlen. „Das Register allein wird uns aber nicht weiterhelfen. Wir brauchen in Deutschland deshalb die Widerspruchslösung, es gibt keine Alternative dazu.“

Die Kammerversammlung der ÄKWL hatte bereits im März für die Einführung der Widerspruchslösung votiert. Transplantations-Experten aus dem Kammergebiet würden diese Entscheidung mittragen.

„Die Zahlen zeigen: In mehr als 20 europäischen Ländern, in denen die Widerspruchslösung gilt, stehen deutlich mehr Spenderorgane als in Deutschland zur Verfügung“, sagt Jan Gummert, Direktor der Klinik für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie, Herz- und Diabeteszentrum NRW in Bad Oeynhausen. „Ich sehe uns alle, die politischen Entscheidungsträger voran, aufgefordert, endlich für einen Kulturwandel in der Organspende einzutreten, die Widerspruchslösung in das Transplantationsgesetz aufzunehmen und nicht länger tatenlos zuzusehen, wie Betroffene auf der Warteliste sterben.“

EB/lau

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