Fachgesellschaften warnen vor Engpässen bei Onkologika
Berlin – Die steigende Zahl von Arzneimittelengpässen betrifft auch die Krebspatienten in Deutschland. Betroffen sind vor allem Medikamente, die schon seit vielen Jahren eingesetzt werden und heute als Generika auf dem Markt verfügbar sind.
Darauf hat heute die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Repräsentanten weiterer wissenschaftlicher medizinischer Fachgesellschaften hingewiesen. Zusätzlich zu den bereits eingeleiteten Maßnahmen zur Vermeidung von Lieferengpässen müssten weitere Punkte umgesetzt werden.
„Die hohe Qualität der Versorgung von Krebspatientinnen und -patienten in Deutschland darf nicht durch vermeidbare Arzneimittelengpässe gefährdet werden. Hier sind weitere regulatorische Maßnahmen aber auch eine Solidarität von allen am Prozess Beteiligten erforderlich“, betonte Andreas Hochhaus, Vorsitzender der DGHO.
Die Fachgesellschaften erkannten an, dass in den vergangenen Jahren bereits eine Reihe von Maßnahmen ergriffen worden sind, um Lieferengpässe von Arzneimitteln auch in der Onkologie zu vermeiden oder zu lindern. Dazu gehörten ein verpflichtendes Register für Lieferengpässe, die Regelungen für den erleichterten Import aus dem Ausland und das verbesserte, behördliche Risikomanagement durch den Beirat beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).
Allerdings sei im Jahr 2022 die Zahl der Arzneimittelengpässe in der Onkologie deutlich gestiegen. Die Liste der Betroffenen reiche von Patientinnen mit Brustkrebs über Leukämien/Lymphome zu Karzinomen im Magendarmbereich und Lungenkrebs. Bei den unterstützenden Arzneimitteln fehlten Antibiotika, Harnsäuresenker und Immunglobuline. Um die noch bestehenden Defizite zu beheben, müssten die konkreten Forderungen der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften umgesetzt werden.
Wichtig sei beispielsweise eine frühzeitige Information über drohende Lieferengpässe seitens der pharmazeutischen Unternehmen, sagte Bernhard Wörmann, Medizinischer Leiter der DGHO. Ein „Frühwarnsystem“ solle sich ankündigende Lieferprobleme erfassen – dies könne helfen, möglichst schnell entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
Zudem sollten die Verträge zwischen Krankenkassen und pharmazeutischen Unternehmen eine Berücksichtigung von Vorratshaltung und verpflichtenden Liefervereinbarungen gewährleisten. Gesundheitspolitisch müsse auch der Aufbau von Produktionsstätten und die langfristige Sicherung der Lieferketten in Europa angegangen werden.
Generelle müsse auf politischer Seite das Vertrauen in die Sicherheit der Versorgung mit Arzneimitteln gestärkt werden, so die Fachgesellschaften. Die Basis stelle ein „solidarisches Verhalten aller Stakeholder“ dar.
Karl Broich, Präsident des BfArM, verwies auf die bei der Ursachenanalyse erkennbare hohe Abhängigkeit von internationalen Produktions- und Lieferketten. Diese Situation mache sowohl enge Absprachen innerhalb der Europäischen Union als auch auf globaler Ebene mit allen beteiligten Akteuren erforderlich. Broich sicherte die Einbringung der Expertise des BfArM im Rahmen weiterer Gesetzesinitiativen zur Verbesserung der Arzneimittelversorgung zu.
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