Fachleute reagieren interessiert, aber ohne Aufregung auf neues Coronavirus

Wuhan/Guangzhou – Fachleute haben mit Interesse, aber ohne Aufregung auf ein neu entdecktes Coronavirus reagiert. Ein chinesisches Forschungsteam hatte im Fachblatt Cell (2025, DOI: 10.1016/j.cell.2025.01.042) das Coronavirus HKU5-CoV-2 vorgestellt, das es in Fledermäusen entdeckt hatte.
Das Besondere an HKU5-CoV-2 ist, dass es zumindest im Labor menschliche Zellen infizieren kann. Das Virus wurde bislang nicht im Menschen nachgewiesen, es gibt auch keine Hinweise auf eine tatsächliche Übertragung.
So konnten die Forschenden im Labor zeigen, dass HKU5-CoV-2 relativ effizient an das menschliche Enzym ACE2 andocken kann, das in der Zellmembran vorkommt. ACE2 dient verschiedenen Coronaviren, darunter SARS-CoV-2, als Rezeptor, um in die Zellen zu gelangen und sich dort zu vermehren.
Die Forschenden um Zheng-Li Shi vom Guangzhou National Laboratory konnten zeigen, dass HKU5-CoV-2 menschliche Zelllinien infizieren kann, die ACE2 exprimieren. Den gleichen Effekt beobachteten sie bei Atemwegs- und Darmorganoiden. Die Studie unterstreiche das potenzielle zoonotische Risiko von HKU5-CoVs, so das Team, an dem auch Forschende des Wuhan Institute of Virology beteiligt waren.
Unabhängige Experten gelassen
Mehrere deutsche Publikumsmedien berichteten über das neu entdeckte Virus. „Die Entdeckung eines weiteren Fledermaus-Coronavirus, das sich auf die gleiche Weise wie SARS-CoV-2 Zugang zu menschlichen und tierischen Zellen verschafft, ist naturgemäß besorgniserregend und wird Menschen beunruhigen“, sagte Simon Clarke, Assoziierter Professor für Zellmikrobiologie an der britischen Universität Reading.
Gleichzeitig sei das Ergebnis der Studie auch nicht allzu überraschend. „Diese Art des Eindringens in Zellen ist wahrscheinlich weitaus verbreiteter, als uns bewusst ist.“ Je mehr Wissenschaftler danach suchten, desto mehr Beispiele würden sie wahrscheinlich finden.
Samuel Ellis, SARS-CoV-2-Forscher am University College London, sagte: „Die Forschenden betonen, dass dieses Virus derzeit für die Anpassung an den Menschen suboptimal ist.“ Die Infektion menschlicher Zellen sei bislang nur im Labor-Setting gezeigt worden.
Eine Übertragung von Tier zu Mensch oder von Mensch zu Mensch sei nicht nachgewiesen worden. Vielversprechend sei zudem, dass die gegen COVID-19 entwickelten Antikörper- und antiviralen Arzneimitteltherapien auch gegen dieses neue Virus wirksam sein könnten.
„Es gibt keine Hinweise darauf, dass HKU5-CoV-2 beim Menschen eine Epidemie auslösen kann“, sagte Efstathious Giotis, Virologe an der Universität Essex. Das Virus könne zwar an menschliche ACE2-Rezeptoren binden, aber offenbar schwächer als SARS-CoV-2.
„Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es keinen Grund zur Sorge.“ Es gebe keine Hinweise darauf, dass HKU5-CoV-2 beim Menschen zirkuliere oder sich unter Menschen verbreiten könne. HKU5-CoV-2 stelle keine unmittelbare Bedrohung dar. Seine Fähigkeit, ACE2 zu nutzen, bedeute aber, dass das Virus genau überwacht werden sollte.
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