Vermischtes

Fall Niels H.: Fünf ehemalige Vorgesetzte in Oldenburger Klinikum angeklagt

  • Donnerstag, 26. September 2019
Außenansicht des Klinikums Oldenburg. Hier und in Delmenhorst soll Niels H. mehr als 100 Patienten ermordet haben. /dpa
Außenansicht des Klinikums Oldenburg. /dpa

Oldenburg – Die juristische Aufarbeitung einer der größten Mordserien der deutschen Nachkriegsgeschichte geht weiter. Knapp vier Monate nach dem Urteil gegen den ehema­ligen Krankenpfleger Niels H. wegen 85 Morden hat die Oldenburger Staatsan­walt­schaft Anklage gegen fünf frühere und aktuelle Führungskräfte des Klinikums Olden­burg erho­ben. Sie wirft vier Männern und einer Frau Totschlag durch Unterlassen vor, wie ein Sprecher der Behörde heute sagte.

Zu den Beschuldigten gehören der frühere Geschäftsführer Rudolf M., eine ehemalige Pfle­­gedirektorin und ein früherer Chefarzt. Diese arbeiten nicht mehr in dem Kranken­haus. Außerdem sollen sich zwei aktuelle Führungskräfte des Klinikums vor Gericht ver­ant­worten.

Diese beiden Männer wurden bis auf weiteres freigestellt, wie eine Sprecherin des Klini­kums sagte. Dies geschehe auch zu deren Schutz: „Das Klinikum versteht diese Maßnah­me nicht als Vorverurteilung der betroffenen Personen. Die Gerichte werden klären, ob und in welcher Form eine strafrechtliche Verantwortlichkeit vorliegt.“

M. bleibt trotz der Vorwürfe Vorsitzender der Geschäftsführung des Klinikums Dortmund. „Solange kein Richter ein Urteil gesprochen hat, gilt in unserem Rechtsstaat die Un­schulds­vermutung. Ich sehe daher zum jetzigen Zeitpunkt keinen Handlungsbedarf“, sagte die Aufsichtsratsvorsitzende des Klinikums Dortmund, Ulrike Matzanke.

Die Staatsanwaltschaft wirft M. und der ehemaligen Pflegedirektorin jeweils Totschlag durch Unterlassen in 63 Fällen vor. Einem weiteren Beschuldigten werden 60 Fälle zur Last gelegt. Die beiden anderen sollen sich laut Anklage in drei Fällen wegen Totschlags durch Unterlassen verantworten. Über die Anklage hatte zuvor die Nordwest-Zeitung berichtet.

H. hatte vom Jahr 2000 bis 2005 Patienten in Oldenburg und Delmenhorst mit Medika­men­ten zu Tode gespritzt. Viele brachte er in lebensbedrohliche Lagen, um bei der Reani­mierung Lob von seinen Kollegen zu bekommen. Anfang Juni verurteilte das Landgericht Oldenburg H. zu lebenslanger Haft. Der 42-Jährige hat gegen das Urteil Revision einge­legt. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs dazu wird im kommenden Jahr erwartet. H. wurde schon mehrfach verurteilt, 2015 unter anderem wegen zweifachen Mordes an Patienten zu lebenslanger Haft.

Wann das Landgericht über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheidet, war unklar. Totschlag durch Unterlassen wird mit einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf und höchstens 15 Jahren bestraft. Der Prozess wird nicht der einzige bleiben, in dem sich Ex-Kollegen von H. verantworten müssen. Vier frühere Mitarbeiter der Klinik Delmenhorst sind wegen Totschlags durch Unterlassen angeklagt.

dpa

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