Finanzinvestoren und MVZ: Wenig Transparenz

Berlin – Die Bundesregierung verfügt über keine Angaben dazu, wieviele Medizinische Versorgungszentren (MVZ) in Deutschland sich in der Hand von sogenannten Private-Equity-Gesellschaften befinden, also in der Hand von Finanzinvestoren. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion „Die Linke“ im Deutschen Bundestag hervor.
Mehr Transparenz besteht offenbar bei der Trägerschaft von MVZ im zahnmedizinischen Bereich. Das geht aus einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion „Bündnis90/Grüne“ hervor.
Hintergrund der Anfragen ist die Sorge, immer mehr MVZ könnten in der Hand von Finanzinvestoren ohne medizinischen Bezug sein. Die Führung der Einrichtungen könnte dann eher ökonomischen als medizinischen Kriterien folgen, erläutern die Fragesteller in ihrer Vorbemerkung.
Mit der Einführung der MVZ erweiterte der Gesetzgeber im Jahr 2004 nicht nur die Beschäftigungsmöglichkeiten für Ärzte in der ambulanten Versorgung. Er öffnete auch das Tor für neue Wettbewerber. Denn als Betreiber dieser Einrichtungen kamen neben Vertragsärzten auch Krankenhäuser, Heil- und Hilfsmittelerbringer, Rehaeinrichtungen, Apotheker oder Dialysedienstleister infrage.
2012 schränkte der Gesetzgeber den Kreis möglicher MVZ-Gründer ein, um die Unabhängigkeit medizinischer Entscheidungen zu sichern. Da Großinvestoren nicht direkt ein MVZ betreiben dürfen, entwickelten sie laut den Fragestellern aber verschiedene Umgehungsstrategien – zum Beispiel kauften sie Krankenhäuser auf, die dann als MVZ-Träger fungieren.
Laut einer Analyse von von Rainer Bobsin im Auftrag der Gewerkschaft Verdi steigt die Zahl der Übernahmen von Gesundheitseinrichtungen durch Private-Equity-Gesellschaften, die privates Kapital einsammeln und investieren, seit Jahren und er- reichte 2017 mit 70 Übernahmen einen vorläufigen Höhepunkt. MVZ bildeten dabei laut Bobsin einen Schwerpunkt der Investments. Die Zahl der MVZ in Händen von Finanzinvestoren liegt laut Bobsin zurzeit schätzungsweise bei 420. Bevorzugte Fachgebiete seien die Labormedizin, die Radiologie und Nuklearmedizin, die Dialyse, die Augenheilkunde und die Dermatologie.
„Hält die Bundesregierung diese Zahl von 420 für realistisch?“, wollen die Fragesteller wissen. Die Regierung muss allerdings passen: „Für den ärztlichen Bereich kann nach Mitteilung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) eine verlässliche Zuordnung der Träger zu Private-Equity Gesellschaften nicht vorgenommen werden“, heißt es in der Antwort.
Im Jahr 2017 waren in Deutschland laut der KBV 2.821 MVZ zugelassen. Dort arbeiteten 16.419 angestellte und 1.586 freiberufliche Ärzte.
Mehr Transparenz besteht offenbar im zahnärztlichen Bereich: „Nach Mitteilung der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) sind dort zum Stand 30. Juni 2018 deutschlandweit 60 MVZ bekannt, die Finanzinvestoren mittelbar oder unmittelbar zuzurechnen sind“, heißt es in der Antwort der Bundesregierung. Für das dritte Quartal 2018 rechne die KZBV mit einem Anstieg auf 70 mit Finanzinvestoren mittelbar oder unmittelbar verbundenen MVZ.
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