Ausland

Flüchtlingshilfe­schiff in Italien beschlagnahmt

  • Dienstag, 20. März 2018
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Rom/Pozzallo – Die italienischen Behörden haben erneut ein Schiff zur Rettung von Migranten festgesetzt. Nach Darstellung der betroffenen spanischen Hilfsorganisation Proactiva Open Arms wurde ihr Schiff vorgestern in Pozzallo auf Sizilien beschlagnahmt, weil die Seenotretter der libyschen Küstenwache Gehorsam verweigert und gerettete Migranten nach Italien gebracht hatten.

Wie genau und vor allem wo sich der fragliche Rettungseinsatz im Mittelmeer abspielte, blieb gestern unklar – was von entscheidender Bedeutung sein dürfte. Die EU-Kommission sagte zu, den Fall „sehr genau“ zu beobachten.

„Open Arms“ und „Iuventa“ 

Die „Open Arms“ ist das zweite Rettungsschiff, das in Italien an die Kette gelegt wurde. Die „Iuventa“ der deutschen Hilfsorganisation Jugend Rettet liegt seit August 2017 im sizilianischen Trapani fest. Der Organisation wird vorgeworfen, bei der Rettung von Migranten mit Schleppern zusammengearbeitet zu haben. Anklage wurde weder gegen den Verein noch gegen einzelne Personen erhoben.

Die Beschlagnahmung der „Open Arms“ hat der Staatsanwalt Carmelo Zuccaro aus Catania angeordnet. Er hatte einigen Seenotrettern vergangenes Jahr unterstellt, direkte Kontakte zu libyschen Schleppern zu haben und sogar von diesen finanziert zu werden. Er wollte sich gestern nicht zu den Ermittlungen äußern. Diese drehen sich aber offensichtlich um einen Rettungseinsatz am vergangenen Donnerstag.

Streit mit Küstenwache

Nach Darstellung der NGO war es dabei 73 Seemeilen vor der libyschen Küste – und damit in internationalen Gewässern – zur Konfrontation gekommen. Die libyschen Küstenwächter hätten mit Schüssen gedroht, weil die Organisation gerettete Frauen und Kinder teils in kritischem Zustand nicht an die Libyer übergeben wollte.

Die libysche Küstenwache hingegen schilderte, sie sei zu dem Flüchtlingsboot gerufen worden und dort, rund 50 Seemeilen vom Festland entfernt, an den spanischen Helfern vorbeigefahren. Als die Migranten Flaschen auf die Libyer geworfen hätten und einige ins Wasser gesprungen seien, habe man die Rettung der Menschen der NGO überlassen, um die Migranten nicht zu gefährden. Die NGO habe aber Anweisungen ignoriert, obwohl die Libyer für den Einsatz zuständig gewesen seien.

Die Verantwortlichkeit für den Rettungseinsatz scheint auch die EU-Kommission bei den Libyern zu sehen. Die libyschen Behörden hätten in ihren eigenen Hoheitsgewässern operiert, sagte eine Sprecherin in Brüssel. Das würde jedoch bedeuten, dass sich der Rettungseinsatz sogar in der 12-Meilen-Zone vor der libyschen Küste abgespielt hat.

Seit Italien im Sommer 2017 eine Vereinbarung mit der libyschen Küstenwache abgeschlossen hat, kommen weit weniger Migranten an der Küste des Landes an. Viele Menschen, die auf seeuntüchtigen Booten die Flucht nach Europa wagen, werden bereits in libyschen Hoheitsgewässern gestoppt und in das zerrüttete Land zurückgebracht. Hilfsorganisationen kritisieren das. Die libysche Regierung hatte eigenmächtig eine eigene Such- und Rettungszone im Mittelmeer von 74 Seemeilen ausgerufen, was aber rechtlich umstritten ist.

Jugend Rettet bezeichnete die Beschlagnahmung auf Twitter als „repressive Maß­nahme“ gegen diejenigen, die sich für Menschenrechte einsetzten. Auch Sea-Watch zeigte sich alarmiert und sprach von einer „neuen Qualität der Kriminalisierungs­versuche ziviler Seenotrettung“. Der UNHCR-Sondergesandte für das zentrale Mittelmeer, Vincent Cochetel, äußerte auf Twitter die Hoffnung, dass die „Kampagne, die wir 2017 gegen die NGOs (...) erlebt haben, nicht erneut beginnt“.

Für Proactiva-Gründer Camps scheint bereits klar zu sein, warum das Schiff beschlag­nahmt wurde. Es mache keinen Unterschied, ob die NGO wegen Gehorsamsverweige­rung oder wegen etwas anderem beschuldigt werde, sagte er. Die Anschuldigungen seien ohnehin vorgeschoben, um Rettungseinsätze im Mittelmeer zu stoppen.

dpa

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